Nein, auch Roland Rino Büchel (54) ist nicht Wunschkandidat der SVP-Führungsriege um Parteivordenker Christoph Blocher (79), Ex-Fraktionschef Caspar Baader (66) und Ex-Präsident Toni Brunner (45).
Und doch steht Nationalrat Büchel bei der Suche nach einem neuen Chef im Zentrum. Denn die anderen Kandidierenden sind nicht genehm oder zu unerfahren.
Die Suche lief von Anfang an harzig. Nach der Wahlniederlage im Oktober und interner Kritik von Blocher hatte Albert Rösti (52) entnervt seinen Rücktritt angekündigt – und seine Partei damit auf dem falschen Fuss erwischt.
Die meisten Kandidaten sind nicht erwünscht
Seit Monaten sucht die Findungskommission unter Baaders Führung einen Nachfolger. Doch die Wunschkandidaten winkten ab. Offiziell gemeldet sind bisher zwei Kandidaten – doch beide begeistern Herrliberg nicht.
Da ist der Aargauer Nationalrat Andreas Glarner (57). Er ist der Mann fürs Grobe, der schon viel verbrannte Erde hinterlassen hat. Keiner, der Absprachen mit anderen Parteien treffen könnte. Zudem kann sich nur ein Teil der SVPler mit ihm identifizieren.
Der andere ist der Zürcher Nationalrat Alfred Heer (58). Sicher einer, der die SVP führen kann. Aber auch einer, der nie mit seiner Meinung hinter dem Berg hält. Er markiert immer wieder Distanz zu Herrliberg. Ohnehin kandidiert er nur halbherzig.
Dass die Findungskommission weitergesucht und diverse Fraktionsmitglieder angesprochen hat, ist ein deutliches Signal: Die Herren Glarner und Heer sind nicht genehm.
Eine Marionette der Führungsriege
Weil aber einer nach der anderen absagte, war die Verzweiflung gross, auf dem ungeliebten Duo sitzen zu bleiben. So gross, dass man das Gespräch mit der erst im Herbst in den Nationalrat gewählten Aargauerin Martina Bircher (36) suchte. Selber schweigt diese eisern.
Für Bircher spricht, dass sie für einen Imagewandel der SVP stünde: Sie ist jung – und eine Frau. Doch Bircher stösst bei vielen auf Ablehnung. Sie habe noch nicht das nötige Format. Es fehle ihr an Erfahrung, heisst es. Bircher wäre nur eine Marionette Herrlibergs, wird ihr vorgeworfen.
Man ist sich unter Parteigängern sicher: Würde einzig Bircher zur Wahl vorgeschlagen, käme es zur «wilden Gegenkandidatur». Steigt Glarner gegen sie in den Ring, bekäme die SVP sicher nicht ihre erste Parteichefin. Wie schon fürs Aargauer Parteipräsidium würde er die SVPler von sich überzeugen. Auch wenn Heer sich Bircher entgegenstellte, wären deren Chancen gering.
Plan B wie Bircher – und Büchel
Damit scheitert der Plan B der Findungskommission: Bircher bringen, um Glarner und Heer zu verhindern. Die Findungskommission sah sich weiter um – und stiess auf Büchel.
Klar ist: Büchel hat die notwendige Erfahrung. Er ist seit zehn Jahren Nationalrat. Er politisiert stets auf Parteilinie und hält sich mit Kritik an der SVP-Führung zurück. Und: Er ist mit Toni Brunner befreundet.
Sportmanager Büchel hat sich zudem einen Namen gemacht als Kenner und Kritiker des Weltfussballverbands Fifa – und als einstiger Präsident der Aussenpolitischen Kommission. Wie Heer ist Büchel Delegierter im Europarat. Weil sie beide halt ein paar Fremdsprachen könnten, begründet Büchel ihr Engagement in Strassburg gern. Büchel beherrscht fünf Sprachen.
Spricht man den Ostschweizer darauf an, ob er die SVP-Spitze übernehmen wolle, weicht er aus: Es sei vielleicht sinnvoll, wenn jetzt ein «Älterer» für drei, vier Jahre übernehme. So werde der Weg frei, damit eine junge Generation geordnet übernehmen könne.
Eine Absage klingt anders. Viele in der Partei wünschen sich, dass der Rheintaler antritt. Dank einem Zweierticket Bircher/Büchel könnte Herrliberg Glarner und Heer verhindern. Heer würde wohl nicht als wilder Kandidat gegen Büchel antreten – und auch Glarner kaum.
Vor allem aber hätten die SVPler dank einem Zweierticket das, was sie bei Brunner und Rösti nicht hatten: eine Auswahl.
Ende Monat soll der Vorschlag auf dem Tisch liegen
Noch ist offen, wie viele Kandidaten die Parteispitze den Delegierten zur Wahl vorschlägt. Doch die Zeit drängt: Bis Ende Monat soll der Vorschlag der Findungskommission auf dem Tisch liegen.
Gewählt werden soll an der Delegiertenversammlung vom 22. August in Brugg AG – wenn das Coronavirus nicht wie schon im März noch einen Strich durch die Rechnung macht. Doch selbst dann braucht die Partei eine Lösung. Rösti soll klargemacht haben, dass er nicht länger als bis Ende August im Amt bleiben werde.