Die regelmässigen Kontrolluntersuchungen von älteren Autofahrern bringen eigentlich praktisch nichts. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU).
Wer in der Schweiz einen Führerschein besitzt, ist ab einem Alter von 75 Jahren alle zwei Jahre zu einer medizinischen Kontrolluntersuchung verpflichtet. Dabei klärt der Hausarzt ab, ob die aufgebotenen Seniorinnen und Senioren festgelegte medizinische Mindestanforderungen erfüllen, um weiter Auto zu fahren. Dies soll zur Verkehrssicherheit im Land beitragen.
Nun aber zeigt sich: Im Verhältnis zur täglich mit dem Auto zurückgelegten Distanz bauen Seniorinnen und Senioren in der Schweiz etwa gleich viele schwere Verkehrsunfälle wie in Deutschland oder Österreich, wo keine solche Pflicht besteht. Die BFU schliesst daraus, dass die Fahrchecks nur einen geringen positiven Einfluss auf die Verkehrssicherheit haben.
Altersgrenze zumindest nochmals anheben?
Walter Wobmann (64) zeigt sich von dem Resultat wenig überrascht. Der Solothurner SVP-Nationalrat hatte 2017 im Parlament mit dafür gekämpft, die Altersgrenze für die Fahr-Checks zumindest von 70 auf 75 Jahre zu erhöhen.
«Wenn nun sogar die sonst so strenge BFU zum Schluss kommt, dass diese Seniorenchecks wenig bringen, könnte man allenfalls sogar eine weitere Erhöhung der Altersgrenze auf 80 Jahre ins Auge fassen», sagt Wobmann. Fürs Erste aber könne er auch damit leben, wenn die weitere Entwicklung noch abgewartet werde – «wenn auch nur halbherzig».
«Das ist reiner Behördenwahnsinn»
Weiter geht Mitte-Fraktionschef Philipp Matthias Bregy (44): «Ich war immer der Ansicht, dass es diese Tests braucht, weil uns die Fachleute sagten, sie erhöhten die Verkehrssicherheit», sagt er zu Blick. «Wenn die Experten jetzt aber sagen, dass sie nichts bringen, sollten wir auf sie verzichten.»
Nicht abwarten will Wobmanns Parteikollege Benjamin Giezendanner (40). Der Aargauer Nationalrat will die BFU-Studie zwar erst noch im Detail studieren, behält sich aber schon jetzt einen Vorstoss im Parlament vor, der die vollständige Abschaffung der Senioren-Checks fordert. «Für mich ist das reiner Behördenwahnsinn, der unter dem Strich viel kostet und wenig bringt.»
Natürlich könnten die regelmässigen Checks in Einzelfällen nützen, gibt Giezendanner zu. Hausärzte seien aber ohnehin zur Meldung verpflichtet, wenn sie feststellten, dass ein Patient wohl nicht mehr fahrtauglich sei.
«Belastung für das Gesundheitswesen»
Ansonsten aber will der SVP-Nationalrat lieber auf Eigenverantwortung setzen. «Es gibt viele, die ihren Fahrausweis freiwillig abgeben», ist er überzeugt. Dabei habe er auch gar nichts gegen eine Sensibilisierung durch den Staat einzuwenden. Das aber reicht ihm dann auch.
Zeigen die Massnahmen keine Wirkung, seien sie aufzuheben, findet auch der Berner FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen (41). Er würde daher die ärztlichen Kontrollen abschaffen, «denn diese belasten nur das Gesundheitswesen». Möglich wäre stattdessen noch ein kurzer Fahrcheck hinsichtlich Reaktion und Fahrzeugbeherrschung.
Die Grüne Nationalrätin Marionna Schlatter (42), widerspricht. Sie findet, die bürgerlichen Politiker machten es sich zu einfach, wenn sie jetzt die Abschaffung der Kontrolluntersuchung forderten. Man dürfe nicht die Augen davor verschliessen, dass mit zunehmendem Alter auch das Unfallrisiko auf der Strasse steige. «Man sollte die Checks verbessern, anstatt sie abzuschaffen.»
Sie würde es gar befürworten, wenn eine obligatorische Weiterbildungspflicht für sämtliche Autofahrer eingeführt würde. «Wenn man etwa alle 10 Jahre sein Wissen auffrischen müsste, würde das die Sicherheit auf der Strasse wohl deutlich verbessern», so Schlatter.
BFU will abwarten
Die BFU empfiehlt, die Checks vorerst beizubehalten. Nachdem erst 2019 das Alter für die erste Untersuchung von 70 auf 75 Jahre erhöht wurde, sei abzuwarten, wie sich das auf die Sicherheit auswirkt.
Wenn die Zahl schwerer Unfälle durch ältere Autofahrende nicht steigt, könnte die Altersgrenze auch aus Sicht der Beratungsstelle auf 80 Jahre erhöht werden. Erst danach könne dann vielleicht sogar über eine vollständige Abschaffung diskutiert werden.