«Nun ist es also offiziell: Die evangelisch-reformierte Kirche Stadt Zürich hat eine 100-Prozent-Pfarrstelle mit dem Schwerpunkt LGBTIQ* gesprochen», freut sich Pfarrerin Priscilla Schwendimann auf Facebook. Das Medium ist der jungen Frau nicht fremd: Im Februar erst organisierte sie eine Trauerfeier über die Plattform, weil ein einsamer Verstorbener ohne Trauergäste beerdigt hätte werden sollen.
Und auch sonst gilt die 28-Jährige als Exotin im Gotteshaus – denn sie ist wohl die bekannteste reformierte Pfarrerin, die in einer lesbischen Beziehung lebt. Dass sich die reformierte Kirche in Zürich nun mit einem Pfarramt queeren Menschen annimmt, macht Schwendimann glücklich. Sie sei dankbar und stolz, in einer Kirche arbeiten zu dürfen, «die Anliegen wahrnimmt, aufnimmt und bereit ist, sich auf Experimente einzulassen».
Schwendimann hat selbst homophobe Erfahrung gemacht
Schwendimann ist sich sicher: In der Community gibt es ein grosses Bedürfnis nach Spiritualität. «Oft wird der Wunsch nach einem gemeinsamen Gebet an mich herangetragen», so die Pfarrerin. Sie hat selbst bereits viel Ablehnung wegen ihrer Sexualität erfahren müssen – vor allem in der katholischen Gemeinde, in der sie aufgewachsen ist. Erst in der reformierten Kirche wurde sie akzeptiert. «Hier darf ich ich selbst sein.»
Ihre Erfahrungen werden der Pfarrerin helfen, anderen Menschen aus der LGBTQ-Gemeinschaft beizustehen: Denn Schwendimann übernimmt 70 Prozent der neuen Stelle. Für die restlichen Stellenprozente werde derzeit noch eine weitere Person gesucht, wie die reformierte Kirche Zürich mitteilt.
Drei Jahre Aufbauzeit
Der Kirche sei bewusst, dass man mit dem Pfarramt Neuland betrete. Es müssen nun erst einmal die konkreten Arbeitsbedingungen sowie die gesamtstädtische Verankerung definiert werden. Wie, wo und in welcher Form Gottesdienst gefeiert werde, sei also noch völlig offen. Ausserdem finanziere man das Projekt vorerst bis zum 30. Juni 2024 – und schaue dann weiter. (dbn)