Professor wirbt für Einmal-Piks
So könnte die Schweiz viel schneller impfen

Die Schweiz könnte deutlich schneller eine wirksame Immunität gegen das Coronavirus aufbauen, sagt Swissnoso-Präsident Andreas Widmer. Dafür müssten die Behörden aber ein gewisses Risiko eingehen. Und das wird bisher gescheut.
Publiziert: 08.04.2021 um 11:37 Uhr
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Aktualisiert: 03.05.2021 um 09:00 Uhr
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Bis ein Impf-Effekt sichtbar wird, dauert es noch rund drei Monate, meint Taskforce-Präsident Martin Ackermann.
Foto: Keystone

Geduld, Geduld. Regelmässig rufen Politik und Experten die Bevölkerung zu Geduld auf. «Setzen wir nicht kurz vor dem Ziel alles aufs Spiel», mahnte Martin Ackermann, Präsident der wissenschaftlichen Corona-Taskforce, am Mittwoch vor den Medien. Das Ziel sei in Sicht. Sobald mindestens 50 Prozent der Bevölkerung geimpft sind, stelle sich eine Entspannung der Corona-Lage ein. Doch das dürfte noch rund drei Monate dauern.

Dabei könnte die Schweiz deutlich schneller eine wirksame Immunität aufbauen. Davon ist Andreas Widmer überzeugt. Der emeritierte Professor am Unispital Basel und Präsident des nationalen Zentrums für Infektionsprävention Swissnoso betont, dass «neue Erkenntnisse zeigen, dass der Impfschutz bereits nach der ersten mRNA-Impfung rund 80 Prozent beträgt». Auch lasse der Impfschutz nicht so schnell nach wie erwartet.

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«Wirksamer Schutz in der halben Zeit»

Sämtlicher Impfstoff solle nun verwendet werden, um Erstimpfungen durchzuführen, schlägt Widmer gegenüber «20 Minuten» vor. «Wir können jetzt entscheiden: Entweder haben wir in der halben Zeit einen 80-prozentigen Schutz für alle, die das wollen», sagt er. «Oder wir warten doppelt so lange auf eine wirksame Immunität, weil wir die Hälfte des Impfstoffs für Zweitimpfungen reservieren müssen und dieser nicht sofort für weitere Impfungen verfügbar ist.»

Angesichts der massiven Folgen der derzeitigen Einschränkungen ist für Widmer die erste Variante klar zu favorisieren. Auch Grossbritannien gehe erfolgreich auf diese Weise vor. Und in Deutschland werde der Ruf nach mehr Erstimpfungen ebenfalls lauter. Dazu gehört etwa der prominente deutsche Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach (SPD). In der Schweiz halten die Kantone dagegen bisher Tausende Dosen für Zweitimpfungen zurück.

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«Es wären noch schlimmere Szenen als kürzlich in St. Gallen zu befürchten»

Mit rascheren Erstimpfungen könnten aber auch Jüngere noch im Mai zum Zug kommen. Laufe alles nach Plan, hätten sie noch vor den Sommerferien die zweite Impfung hinter sich. «Warten wir zu, besteht das Risiko, dass nur ältere Personen reisen können werden», so Widmer. «Das könnte den Frust bei den Jungen deutlich erhöhen, es wären noch schlimmere Szenen als kürzlich in St. Gallen zu befürchten.»

Das Bundesamt für Gesundheit sowie die Zulassungsbehörde Swissmedic verweisen dagegen auf die Empfehlungen der Impfstoffhersteller. Demnach werde der grösste Schutz erreicht, wenn ein Abstand zwischen den beiden Dosen von 21 beziehungsweise 28 Tagen eingehalten wird. Man sei sich der dritten Welle bewusst, wird auch Christoph Berger, Präsident der Eidgenössischen Kommission für Impffragen (EKIF), zitiert. Es werde der «bestmögliche Einsatz» der Impfstoffe geprüft. Letztlich aber sei man bei der Impfstrategie von den Daten der Hersteller abhängig, bilanzieren die Behörden.

Die Verantwortung für das Risiko werde gescheut

Die Entscheidungsträger befänden sich in einem «rechtlichen Korsett», kommentiert Widmer: «Ich schätze das Risiko, dass etwas schiefgehen könnte, auf unter fünf Prozent. Sollten wir aber aus welchen Gründen auch immer tatsächlich über drei Monate keinen Impfstoff mehr für Zweitimpfungen geliefert bekommen, muss irgendjemand die Verantwortung übernehmen.» Deshalb traue sich jetzt niemand, diese etwas riskantere Strategie mit viel grösseren Aussichten auf einen schnellen Erfolg zu fahren. (dba)

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