Es sind drastische Unterschiede: Bis sie 30 Jahre alt sind, haben 40 Prozent der Kinder aus Akademikerfamilien einen Bachelor- oder Masterabschluss. Hingegen schaffen es nur etwa 19 Prozent der Kinder, deren Eltern nicht an einer Uni oder Fachhochschule studiert haben, selbst dorthin. Das zeigen Zahlen einer neuen Studie, über die der «Tages-Anzeiger» berichtet. Umgekehrt machen die Kinder von Nichtakademikern zu 40 Prozent eine Lehre.
Einer der Gründe sind die Eigenheiten des Schweizer Bildungssystems. Eine Unterstützung durch das Elternhaus werde im Schulsystem vorausgesetzt, sagt die Bildungsforscherin Margrit Stamm (74) der Zeitung. Akademikereltern hätten finanziell die besseren Möglichkeiten, in ihre Kinder zu investieren, zum Beispiel mit Nachhilfe.
Problem bekannt – passiert ist nichts
Das Problem ist nicht neu. Schon 2018 sorgte ein ähnlicher Bericht für Aufsehen. Die Schweiz habe im Vergleich zu anderen europäischen Ländern «ein Bildungssystem, das durch ein hohes Ausmass an Chancenungleichheit geprägt ist», schrieben die Autoren um den Bildungssoziologen Rolf Becker.
Der Bundesrat wollte daraufhin die Chancengleichheit verbessern. Doch passiert ist nichts, die Unterschiede sind sogar noch grösser geworden, stellt Becker in seiner aktuellen Studie dar. Um das zu ändern, müsse man die Ungleichheit generell in der Gesellschaft minimieren, sagt er dem «Tages-Anzeiger».
Dazu sieht er eine radikale Lösung: in der obligatorischen Schulzeit keine Selektion der Schülerinnen und Schüler vorzunehmen. «Wir haben eine Schule aus dem 19. Jahrhundert, es gibt keine wissenschaftliche Begründung für die Selektionen.»