Professoren warnen vor Terrorgesetz
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Präventiver Hausarrest:Professoren warnen vor Terrorgesetz

Präventiver Hausarrest gefährde unseren Rechtsstaat
Professoren warnen vor Terrorgesetz

Wer streng religiös ist und verdächtigt wird, Sympathien mit Terrorregimes zu haben, soll künftig unter Umständen zu Hausarrest verdonnert werden können – auch wenn kein strafrechtliches Vergehen vorliegt. Davor warnen Rechtsgelehrte.
Publiziert: 23.09.2020 um 22:49 Uhr
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Aktualisiert: 24.09.2020 um 07:32 Uhr
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Justizministerin Karin Keller-Sutter ist klar für den präventiven Hausarrest – entgegen internationaler Kritik.
Foto: Keystene
Pascal Tischhauser

Das Parlament droht mit präventivem Hausarrest für Gefährder den Rechtsstaat auszuhebeln. Dies just aus Angst davor, dass Terroristen uns und unseren Rechtsstaat bedrohen. Künftig soll die Vermutung ausreichen, dass von jemandem eine Gefahr ausgeht, um ihn zu Hause wegzusperren.

Davor warnen über 60 Rechtsprofessoren in einem offenen Brief an die National- und Ständeräte sowie den Gesamtbundesrat. Ihre Kritik richtet sich direkt an die Adresse der zuständigen Bundesrätin: «Es ist beleidigend, wie Justizministerin Karin Keller-Sutter im Juni die Einschätzung der von Staaten gewählten Menschenrechtsexperten dazu als ‹politische Stellungnahme› abqualifizierte», sagt Rechtsprofessorin Evelyne Schmid von der Uni Lausanne.

Gesetz ist gefährlicher als die Gefährder

Schmid sagt, man habe keinerlei Gewähr, dass die Gesetzesvorlage mehr Sicherheit bringe. Hingegen sei die Gefahr gross, «dass jemand erst recht radikalisiert wird, wenn man ihn neun Monate lang unter Hausarrest stellt». Schmid fragt, was eine Fussfessel überhaupt bringe, mit der die Einhaltung des Hausarrests kontrolliert würde. «Man kann auch aus dem Hausarrest mit einer Fussfessel in ein Auto steigen und in eine Menschenmenge fahren, bevor jemand eingreifen kann.»

Laut der Professorin würde mit der Gesetzesrevision eine Terrorismusdefinition eingeführt, die viel zu schwammig sei. «Nicht nur die Verübung terroristischer Gewalt oder die Androhung einer solchen soll dazu führen, dass jemand als Gefährder taxiert wird, sondern auch das Verbreiten von Furcht und Schrecken, um die staatliche Ordnung zu beeinflussen.»

Rasch als Gefährder taxiert

Doch verbreiten nicht auch beispielsweise die Corona-Demonstranten Furcht und Schrecken und wollen sie nicht auch die staatliche Ordnung verändern? Und was ist, wenn die SVP sagt, dass Ausländer uns die Jobs wegnehmen würden und Kriminalität in die Schweiz brächten? Verbreiten sie damit nicht auch Furcht und Schrecken und wollen sie nicht ebenfalls auf die staatliche Ordnung einwirken?

Auch Zeitungsschlagzeilen können Ängste schüren. Und könnte man Journalisten nicht auch unterstellen, mit Zeilen wie diesen die staatliche Ordnung beeinflussen zu wollen? «In autoritären Ländern wird Hausarrest für Journalisten verhängt», warnt die Professorin.

Schmid gibt zu bedenken: Wenn ausgerechnet die Schweiz beginne, die Menschenrechte auszuhöhlen, werde es noch viel schwieriger, repressive Regimes davon abzuhalten, schwammige Terrorgesetze zur Rechtfertigung von Unterdrückung heranzuziehen. «Terrorismusbekämpfung ist wichtig und nötig, muss aber rechtsstaatliche Prinzipien wahren, wenn wir nicht Öl ins Feuer giessen wollen.»

Letzte Möglichkeit für Richtungswechsel

Im Brief wird klargemacht: «Der Terrorismus gehört zu den schlimmsten Ausprägungen verheerender und tödlicher Kriminalität, vor welcher der Staat die Bevölkerung bestmöglich zu bewahren hat.» Doch die Frage ist, mit welchen Mitteln man dagegen kämpft.

Der Weg, den das Parlament beschreiten will, ist aus Sicht der über 60 Rechtsprofessoren der falsche. In der Schlussabstimmung entscheidet sich, ob die Politik auf sie hört.

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