BLICK: Nach der Bluttat in Dietikon ZH fordern Politikerinnen von links bis rechts, dass potenzielle Gewalttäter mit GPS überwacht werden können. Eine Massnahme, gegen die sich die Kantone vor einigen Jahren erfolgreich gewehrt hatten – weil es zu teuer sei. Wie viel würde eine solche Überwachung denn kosten?
Urs Hofmann: Das kann ich nicht genau sagen. Natürlich wäre es teuer. Aber entscheidend war nicht die Frage nach den Kosten, sondern der Realisierbarkeit in der polizeilichen Praxis.
Warum ist die GPS-Überwachung nicht realisierbar?
Erstens ist es praktisch unmöglich, zu garantieren, dass die Polizei rechtzeitig vor Ort ist, wenn das potenzielle Opfer und der potenzielle Täter in der Nähe wohnen. Zweitens gibt es nach Einschätzung der beigezogenen Spezialisten zu viele Funklöcher, sodass es auch technisch nicht genügend zuverlässig funktionieren würde. Telefoniert man während des Zugfahrens, fällt man auch immer wieder aus dem Netz. Das ist in etwa vergleichbar. Man würde also eine Pseudo-Sicherheit vorgaukeln.
Warum fasst man Rayonverbote nicht weiter?
Das ist nicht so einfach. Man muss berücksichtigen, was das für die Betroffenen bedeuten würde. In der Regel arbeitet man ja nicht in einer ganz anderen Region, als man lebt. Ein weit gefasstes Rayonverbot würde dazu führen, dass Betroffene zum Beispiel ihre Stelle aufgeben müssten.
Andere Staaten kennen die Echtzeit-Überwachung aber bereits seit Jahren. So unmöglich kann es also nicht sein ...
Ich kann die Situation in anderen Ländern nicht beurteilen. Ich weiss nur, dass bei uns die Aussagen klar waren: Aus Gründen der Technik und der Praktikabilität sei eine Echtzeit-Überwachung in der Schweiz nicht in einer Qualität möglich, die einen Täter mit hinreichender Sicherheit rechtzeitig stoppen kann.
Ist aus Ihrer Sicht das heutige Gesetz also ausreichend? Oder gibt es andere Bereiche, wo man ansetzen müsste?
Was ich mir vorstellen kann, ist, dass man noch einmal über die Forderung diskutiert, häusliche Gewalt konsequenter als Offizialdelikt anzuerkennen. Zudem müssen wir schneller eingreifen können, wenn bereits strafbare Handlungen erfolgt sind und Wiederholungsgefahr droht. Wichtig ist auch ein konsequentes Bedrohungsmanagement. Was aber sicher nicht geht, ist, Leute während längerer Zeit in Präventivhaft zu stecken. Im Zusammenhang mit potenziellen Terroristen hat man das ja bereits abgeklärt. Zudem müssen wir uns bewusst sein: Die absolute Sicherheit gibt es nie – auch nicht mit den teuersten Sicherheitsmassnahmen.
Urs Hofmann (62) ist Aargauer Regierungsrat (SP) und seit diesem Frühling Präsident der Konferenz der kantonalen Polizei- und Justizdirektoren (KKJPD). Von 1999 bis 2009 sass er im Nationalrat.
Urs Hofmann (62) ist Aargauer Regierungsrat (SP) und seit diesem Frühling Präsident der Konferenz der kantonalen Polizei- und Justizdirektoren (KKJPD). Von 1999 bis 2009 sass er im Nationalrat.