Politisch höchst umstritten
Ruag-Tochter dürfte ins Ausland gehen

Der Bund will die Munitionsfabrik der Ruag verkaufen. Erste Offerten sollen eingegangen sein – allesamt von ausländischen Anbietern. Darunter befinden sich auch solche von Firmen mit heiklen Geschäftsbeziehungen. Im Parlament sind die Verkaufspläne höchst umstritten.
Publiziert: 07.02.2022 um 19:47 Uhr
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Aktualisiert: 08.02.2022 um 13:23 Uhr
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Der Bundesrat will die Ruag-Munitionsfabrik Ammotec verkaufen.
Foto: Keystone

Zeichnet sich ein heikler Deal ab? Im vergangenen März hatte der Bund bekannt gegeben, dass die Ruag-Munitionsfabrik Ammotec verkauft werden soll. Der Bundesrat stellte lediglich die Bedingung, dass die 400 Arbeitsplätze und der Standort Thun erhalten bleiben müssten.

Gute Chancen habe die italienische Waffenschmiede Beretta, berichtet das Wirtschaftsmedium «Tippinpoint.ch» und beruft sich dabei auf Informationen aus Verhandlungskreisen.

Heikle Geschäfte mit Katar

Das Problem: Die Fabbrica d'Armi Pietro Beretta verkauft nicht nur teure Jagdgewehre und die passende Mode dazu. Sie betreibe auch ein wenig transparentes Rüstungsgeschäft mit dem Namen Beretta Defence Technologies (BDT), schreibt Tippinpoint. Diese sei 2018 ein Joint-Venture mit Barzan Holdings, einem Rüstungskonzern aus Katar, eingegangen. Laut dem Artikel geht es um die Entwicklung und Produktion leichter Hightech-Waffen für die Streitkräfte des Wüstenstaats.

Damit stellen sich für die Schweiz heikle geschäftsethische Fragen. Wie geht der Bund damit um, dass vom verkauften Staatsbetrieb Munition aus Thun über Italien nach Katar gelangen könnte? Ein Land, das Menschenrechte systematisch verletzt.

Verkauf ist politisch umstritten

Der Verkauf der Munitionssparte ist politisch ohnehin umstritten. Mitte-Nationalrat Martin Landolt (53) etwa steht den Verkaufsplänen grundsätzlich kritisch gegenüber. «Bisher wurde stets damit argumentiert, dass es zum Erhalt der Schweizer Rüstungsindustrie auch Exporte braucht», sagt er. «Dieser Verkauf stünde dazu im Widerspruch.»

Für SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf (53) dagegen würde sich mit einem Verkauf ins Ausland nicht allzu viel ändern: «Waffenexporte sind ohnehin immer konfliktbeladen.» Allerdings bleibe die Munitionsproduktion im Inland nach wie vor dem Schweizer Kriegsmaterialgesetz unterstellt, betont die Sicherheitspolitikerin. «Wichtig wird es sein, dass wir das auch kontrollieren können.»

Daran kann Mitte-Nationalrat Landolt nicht recht glauben. Auch SVP-Ständerat Werner Salzmann (59) hat Bedenken. Während der Nationalrat für einen Verkaufsstopp stimmte, hatte der Ständerat diesen im vergangenen Herbst knapp abgelehnt – gegen den Willen seiner vorberatenden Kommission. Mit einer Motion hatte sich Salzmann dafür eingesetzt, die Ruag-Tochter zu erhalten, um die Versorgungssicherheit von Armee und Polizei zu gewährleisten. Die Munitionssparte sollte in Schweizer Hand bleiben.

Dafür aber sollen die Chancen schlecht stehen, wie Tippinpoint weiter berichtet. Unter den Bietern sei kein einziger Schweizer Investor.

Beteiligte zeigen sich zugeknöpft

Zu den Interessenten, die ein Angebot für die Ruag Ammotec eingereicht haben, sollen neben Beretta der norwegische Staatsbetrieb Nammo sowie die beiden tschechischen Konzerne Czechoslovak Group und CZ Group gehören. Die Preisspanne für die Schweizer Munitionsfabrik liege zwischen 350 und 400 Millionen Franken, heisst es.

Alle potenziellen Käufer haben die Anfragen laut Tippinpoint unbeantwortet gelassen. Auch die Ruag International zeigt sich zugeknöpft: «Der Schweizer Bundesrat hat sich für den Verkauf der Ruag Ammotec mit Auflagen entschieden, namentlich zur Herkunft des Käufers oder zur Sicherung des Standorts Thun. Über den Stand der Verhandlungen geben wir wie in solchen Verfahren üblich keine Auskunft.»

Nach über 400 Jahren dürfte die einstige Pulvermühle Steffisburg also ins Ausland verkauft werden. Für die neutrale Schweiz als Ruag-Eignerin stellen sich dabei wichtige Fragen: Soll das lukrativste Angebot zum Zug kommen? Oder sind auch ethische Argumente zu berücksichtigen? (dba)

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