Politiker irritiert wegen Bauernhof-WK in Eschenbach SG
Darf der Zivilschutz private Projekte verwirklichen?

Der Zivilschutz ist für den Schutz der Bevölkerung zuständig. Um allerdings für den Ernstfall zu trainieren, finden regelmässige Wiederholungskurse statt. Doch dabei werden teilweise seltsame Projekte realisiert.
Publiziert: 05.07.2023 um 00:02 Uhr
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Aktualisiert: 05.07.2023 um 00:06 Uhr
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Auf diesem Hof in Eschenbach SG haben 45 Zivilschützer einen etwas speziellen WK geleistet.
Foto: Philippe Rossier

Während dem Wiederholungskurs (WK) im Zivilschutz den Hof eines Bauern aus der Gemeinde sanieren – darf der Zivilschutz das? Immer wieder kommen Diskussionen zu diesem Thema auf. Auch in Bezug auf Zivilschutz- oder Armeeeinsätze bei Grossanlässen wie beispielsweise dem Zürich-Marathon oder bei den Skirennen am Lauberhorn in Wengen BE.

Der Fall aus Eschenbach SG ist jedoch besonders brisant. 45 Pioniere des Zivilschutzes, die einen privaten Bauernhof aus reinen Übungszwecken umbauen und sanieren, sorgt für viel Unverständnis. Gerade auch bei Politikerinnen und Politikern.

Zwei Kriterien für einen Zivilschutz-WK

Ein WK im Zivilschutz hat eigentlich nur ein Ziel: das Wiederholen und Üben der allfälligen Aufgaben im Ernstfall. Es geht also in erster Linie darum, die Zivilschützer auf einen möglichen Notfall vorzubereiten. Wenn man dies wie im Fall von Eschenbach SG anhand eines konkreten Projektes macht, so muss dieses der Allgemeinheit respektive der Gemeinde zugutekommen.

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SP-Nationalrätin und Mitglied der sicherheitspolitischen Kommission (SIK-N), Priska Seiler Graf, (54) sieht dies im Fall von Eschenbach SG nicht gegeben. «Ich finde diese Geschichte sehr eigenartig. Bei einer Sanierung eines privaten Hofes sehe ich weder den Ausbildungscharakter noch einen Nutzen für die Allgemeinheit», sagt sie auf Anfrage von Blick.

Oberste Zivilschützerin ist wenig erfreut

Auch FDP-Nationalrätin und Präsidentin des schweizerischen Zivilschutzverbandes Maja Riniker (45) ist wenig erfreut über die Neuigkeit aus St. Gallen. «Dass ein solches Projekt im Rahmen eines Zivilschutz-WKs realisiert wird, ist relativ heikel und müsste im Vorfeld mit allen beteiligten Stellen abgesprochen werden. Der Zivilschutz konkurrenziert damit lokale Bauunternehmen», sagt Riniker zu Blick.

Sie verweist darauf, dass es für solche Zwecke extra vom Kanton bereitgestellte Übungsgelände gäbe. Sie fordert eine lückenlose Aufarbeitung des Falles in Eschenbach SG. «Ich bin wenig erfreut über diese Geschichte. Der Fall muss genau untersucht und aufgeklärt werden», so Riniker weiter.

Personalmangel und Fusionsvorschläge

Die Geschichte ist insbesondere brisant, weil sich der Zivilschutz seit einiger Zeit über Personalmangel beklagt. Es würden immer weniger junge Männer in den Zivilschutz kommen, weshalb bereits heute das angepeilte Minimum von 72'000 aktiven Zivilschützer unterschritten werde.

Der Bundesrat hat daher das Bundesamt für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS), dazu aufgefordert, bis Ende 2024 neue Rekrutierungsverfahren zu prüfen. Unter anderem wird eine Wehrpflicht für Frauen geprüft. Ausserdem wird eine mögliche Fusion von Zivilschutz und Zivildienst kontrovers diskutiert. (shq)

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