Plötzlich gegen Heimatreise-Verbot für vorläufig Aufgenommene
SVP macht Linke glücklich

Seit Jahren kämpfen die Bürgerlichen für eine Verschärfung der Reise-Einschränkungen für vorläufig Aufgenommene. Nun liegt ein mehrheitsfähiger Vorschlag auf dem Tisch. Doch ausgerechnet die SVP will ihn verhindern.
Publiziert: 18.03.2021 um 14:59 Uhr
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Aktualisiert: 09.06.2021 um 14:17 Uhr
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Die SVP hat sich im Ständerat gegen die Gesetzesänderung gestellt, die vorläufig Aufgenommenen Reisen ihre Heimat grundsätzlich verbieten will.
Foto: Keystone
Lea Hartmann

Heimschicken kann oder darf sie die Schweiz nicht. Für den Besuch schwerkranke Verwandten oder bei einem Todesfall dürfen vorläufig Aufgenommene aber unter Umständen in ihr Heimatland reisen. Das ist den Bürgerlichen schon lange ein Dorn im Auge: Wenn eine Rückkehr trotz abgelehntem Asylgesuch unzumutbar oder unmöglich ist – wie können dann Besuche dort stattfinden?

In den vergangenen Jahren haben SVP, FDP und Mitte mehrere Verschärfungen durchgebracht, die Auslandsreisen von Flüchtlingen einschränken. Auf ihren Druck will der Bundesrat nun auch bei vorläufig Aufgenommenen die Schraube anziehen: Heimreisen sollen für vorläufig Aufgenommene verboten werden. Reisen die Personen doch in ihren Heimatstaat, wird die vorläufige Aufnahme automatisch aufgehoben – ausser, sie können beweisen, dass sie zur Reise gezwungen worden sind.

Zudem will der Bundesrat im gleichen Zug auch die Restriktionen für Reisen in alle anderen Länder im Gesetz festschreiben. Heute ist das nur in einer Verordnung geregelt.

Wegen SVP wird Verschärfung scheitern

Das Parlament dürfte diese Verschärfung jedoch ablehnen. Das liegt an der SVP und damit ausgerechnet an jener Partei, die in diesem Bereich seit Jahren am lautesten nach einer härteren Gangart ruft. Gemeinsam mit einer grossen Mehrheit der Linken, die das Verbot ablehnen, stimmte die SVP im Ständerat vergangene Woche dafür, die Vorlage zu kübeln.

Zwar unterlag die unheilige Allianz dort gegen den FDP-Mitte-Block. Im Nationalrat sieht es aber anders aus – dort haben Linke und SVP eine Mehrheit. Und SVP-Präsident Marco Chiesa (46) stellt gegenüber BLICK klar: Die SVP wird an ihrer Position festhalten – und eine Verschärfung der Reiseregeln für vorläufig Aufgenommene damit verhindern!

Der Grund? Ein Detail

Die Genfer Grünen-Ständerätin Lisa Mazzone (33), die im Stöckli gegen die Verschärfung gekämpft hat, ist überrascht. Ihr macht die SVP damit eine grosse Freude: «Wenn die Vorlage scheitert, ist das für mich und die Betroffenen sicher erfreulich.»

Grund für den unerwarteten Widerstand der Rechten ist ein Satz, der noch nicht einmal beschlossene Sache ist. Es geht dabei nicht um die Heimatreisen, sondern alle anderen Reisen für vorläufig Aufgenommene. GLP-Nationalrätin Corina Gredig (33) schlug in der Kommission des Nationalrats vor, die Restriktionen ein kleines bisschen zu lockern, wenn es zum Beispiel um eine Schulreise oder einen Familienbesuch in Deutschland, Österreich oder einem anderen Nachbarland geht. Der Antrag wurde angenommen.

Der SVP geht das zu weit. Wegen der kleinen Lockerung, die weder für die Behörden verpflichtend noch vom Parlament beschlossen ist, geht man in die Totalopposition. «Mit diesen Ausnahmen können vorläufig Aufgenommene das Heimatreise-Verbot einfach umgehen», begründet Chiesa den Widerstand. Stimme die SVP hier zu, «würden wir unsere Politik verraten».

SVP will alles oder nichts

Allerdings: Mit diesem Argument hätte die SVP konsequenterweise bereits vor vier Jahren Nein zum Heimatreise-Verbot stimmen müssen. Dass jemand eine Auslandreise-Bewilligung als Schlupfloch nutzt, um beispielsweise via Deutschland nach Syrien zu reisen, liesse sich nur dann ganz sicher verhindern, wenn vorläufig Aufgenommene gar nicht mehr ins Ausland gehen dürften.

SVP-Präsident Chiesa kündigt bereits jetzt an, diesen Extremvorschlag ins Parlament zu bringen. Dieser dürfte aber keine Chance haben – denn Unterstützung wird sie dafür von keiner anderen Partei bekommen. Die Folge: Die gewünschte Verschärfung bei Auslandreisen bleibt aus.

12 Personen wegen Heimatreisen verpfiffen

Rund 50'000 vorläufig Aufgenommene leben in der Schweiz. Von ihnen hat 2019 rund 1 Prozent ein Gesuch für eine Reise ins Heimatland gestellt. Bewilligt hat das Staatssekretariat für Migration (SEM) nur rund 40 Prozent der Gesuche – also knapp 250 Heimatreisen.

Ähnlich hoch ist die Bewilligungsquote auch bei den anderen Auslandsreisen. 2019 hat das SEM knapp 2200 Gesuche von vorläufig Aufgenommenen erhalten, die in einen anderen Staat als ihr Heimatland reisen wollten. Grünes Licht wurde in fast 1000 Fällen gegeben. 2020 waren die Zahlen wegen der Corona-Pandemie deutlich tiefer als in den Vorjahren.

Reisen in den Heimatstaat werden vorläufig Aufgenommenen nur in Ausnahmefällen erlaubt. Insbesondere, wenn ein naher Verwandter schwer erkrankt oder gestorben ist. Andere Auslandsreisen sind ebenfalls streng reglementiert. Für Ferien dürfen vorläufig Aufgenommene das Land nicht verlassen. Erlaubt werden zum Beispiel Schulreisen ins grenznahe Ausland, die Teilnahme an Sportwettkämpfen oder die Teilnahme an einer Beerdigung.

Wenn vorläufig Aufgenommene ohne Erlaubnis ins Ausland reisen, droht ihnen der Entzug ihres Aufenthaltsstatus. Die Konsequenz: Sie müssen die Schweiz verlassen. Beim Bund gibt es seit mehreren Jahren eine Meldestelle, wo mutmasslich illegale Reisen gemeldet werden können – sei es von Flüchtlingen oder vorläufig Aufgenommenen. 2020 sind auf diesem Weg zwölf Personen verpfiffen worden. In vier Fällen hatte die Meldung für Flüchtlinge einen Asylwiderruf zur Folge. Zudem hat eine Person ihren Status als vorläufig Aufgenommenen verloren.

Rund 50'000 vorläufig Aufgenommene leben in der Schweiz. Von ihnen hat 2019 rund 1 Prozent ein Gesuch für eine Reise ins Heimatland gestellt. Bewilligt hat das Staatssekretariat für Migration (SEM) nur rund 40 Prozent der Gesuche – also knapp 250 Heimatreisen.

Ähnlich hoch ist die Bewilligungsquote auch bei den anderen Auslandsreisen. 2019 hat das SEM knapp 2200 Gesuche von vorläufig Aufgenommenen erhalten, die in einen anderen Staat als ihr Heimatland reisen wollten. Grünes Licht wurde in fast 1000 Fällen gegeben. 2020 waren die Zahlen wegen der Corona-Pandemie deutlich tiefer als in den Vorjahren.

Reisen in den Heimatstaat werden vorläufig Aufgenommenen nur in Ausnahmefällen erlaubt. Insbesondere, wenn ein naher Verwandter schwer erkrankt oder gestorben ist. Andere Auslandsreisen sind ebenfalls streng reglementiert. Für Ferien dürfen vorläufig Aufgenommene das Land nicht verlassen. Erlaubt werden zum Beispiel Schulreisen ins grenznahe Ausland, die Teilnahme an Sportwettkämpfen oder die Teilnahme an einer Beerdigung.

Wenn vorläufig Aufgenommene ohne Erlaubnis ins Ausland reisen, droht ihnen der Entzug ihres Aufenthaltsstatus. Die Konsequenz: Sie müssen die Schweiz verlassen. Beim Bund gibt es seit mehreren Jahren eine Meldestelle, wo mutmasslich illegale Reisen gemeldet werden können – sei es von Flüchtlingen oder vorläufig Aufgenommenen. 2020 sind auf diesem Weg zwölf Personen verpfiffen worden. In vier Fällen hatte die Meldung für Flüchtlinge einen Asylwiderruf zur Folge. Zudem hat eine Person ihren Status als vorläufig Aufgenommenen verloren.

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