Das Bundesgericht hat dem Rekurs eines sanktionierten Bankkunden eine Abfuhr gegeben. Gegenstand des Urteils ist die Blockierung einer Schenkung des früheren russischen Magnaten German Chan an seinen Schwiegersohn.
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Chan, dessen Name auf der Schweizer Sanktionsliste im Ukraine-Kontext auch «Khan» lautet, versuchte kurz nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine, Geld an seine Ehefrau, seine Tochter und an deren Ehemann auf eine Schweizer Bank zu überweisen, und zwar in Form einer Schenkung. Im Falle des Schwiegersohns waren es stattliche 20 Millionen Franken. Doch die Bank, deren Name im gestern publizierten Urteil geschwärzt ist, machte nicht mit, sperrte das Konto und meldete es dem Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco). Sie stützte sich auf die Sanktionsverfügungen des Bundesrates.
Schwiegersohn sagt, es sei eine Schenkung
Die Bank und das Seco hätten zu Recht so gehandelt, entschied jetzt das Bundesverwaltungsgericht. Der Schwiegersohn beanstandete, dass es nicht sein könne, dass er in Sippenhaft mit seinem Schwiegervater genommen werde, der in Russland im Jahr 2022 eine enge Verbindung mit Präsident Wladimir Putin unterhalten hat. Er, der Schwiegersohn, habe hehre Absichten mit dem geschenkten Geld. Und er und seine Frau, die Tochter des russischen Magnaten, hätten wiederholt grosse Geldgeschenke erhalten.
Im Urteil stehen Beträge von 56 und 40 Millionen Dollar, die innert drei Jahren überwiesen wurden. Die 20 Millionen Dollar, die der Schwiegersohn jüngst erhalten habe, hätten «keinen aussergewöhnlichen Charakter» und stünden «in einer Reihe vorausgehender Schenkungen», beteuerte dieser laut Urteil. Deshalb seien die 20 Millionen Franken nicht als Fluchtgelder seines sanktionierten Schwiegervaters anzusehen und von der Sperrung auszunehmen.
Der Schwiegersohn selbst steht tatsächlich nicht auf der Sanktionsliste. Das Seco und das Gericht prüften hier aber, ob die Kontrolle dieses «Geschenks» beim Schwiegersohn oder eher beim sanktionierten Chan liege – und bestätigten Letzteres. «Nach objektiven Gesichtspunkten sprechen vier gewichtige Gründe für die Annahme, dass die sanktionierte Person über die Verwendung der fraglichen Vermögenswerte weiterhin die letztverbindliche Entscheidbefugnis ausüben kann», heisst es im Urteil aus St. Gallen. Deshalb bleiben die Gelder weiterhin blockiert.
Der Schwiegersohn, der in London lebt und seit 2017 mit der Tochter von Chan verheiratet ist, wurde von den Zürcher Anwälten Peter Nobel und Nicolas Durand vor Gericht verteidigt. Sie wollten sich auf Anfrage nicht dazu äussern, ob ihr Klient das Urteil (Nummer B-3925/2023) an das Bundesgericht weiterziehen werde. Dazu würden ihm zwei Wochen Zeit bleiben. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es ist anonymisiert erschienen, der Zusammenhang zu Chan ist unschwer zu erkennen. Der «Tages-Anzeiger» hat als erstes Medium darüber berichtet.
Enge Bande zur Alfa Group
German Chan galt lange als enger Vertrauter Putins. Er steht zudem in enger Verbindung zu drei weiteren russischen Magnaten, die in den frühen 1990er-Jahren zusammen die Alfa Group gründeten: Peter Aven, Mikhail Fridman und Alexey Kuzmichew. Sie profitierten wesentlich von Privatisierungen in Russland nach der Wende im Jahr 1988. So nahmen sie grossen Einfluss auf die russischen Präsidenten Boris Jelzin und Wladimir Putin und wurden innert kurzer Zeit Milliardäre. «Forbes» schätzte das Vermögen Chans zuletzt auf 8 Milliarden Dollar. Als Putin zur Jahrtausendwende Präsident wurde, übte er massiven Druck auf alle Oligarchen aus, sich hinter die Politik und die Geschäfte des russischen Staates zu stellen. Chan war unter anderem im Auftrag Russlands im Ölbusiness tätig.
«Wohlhabende russischen Eliten sollten sich von der Vorstellung verabschieden, sie könnten weitermachen wie bisher, während der Kreml Krieg gegen das ukrainische Volk führt», begründete der stellvertretende Finanzminister Wally Adeyemo im August 2023 die Sanktionen gegen Chan. Erstaunlicherweise sanktionierten die USA Chan 15 Monate später, als es die Schweiz und die EU taten.
Das Seco sieht seit 2022 bei German Chan «ein enges Verhältnis zu Wladimir Putin. Er betreibt weiterhin Handel zugunsten Putins», wie in der bundesrätlichen Sanktionsliste steht.