Patrick Hässig (44) und Farah Rumy (31) haben nicht viel Zeit, sich auf ihr neues Amt vorzubereiten. Gestern sind der Zürcher GLP-Politiker und die Solothurner SP-Vertreterin durch den Ständeratserfolg ihrer Parteikolleginnen in den Nationalrat nachgerückt. Und bereits in zwei Wochen beginnt in Bern die Wintersession des Parlaments, in der die neu Gewählten ihre Arbeit aufnehmen.
Die kurzfristige Wahl ist nicht das einzige, das die beiden neuen Nationalräte verbindet. Sie beide sind gelernte Pflegefachpersonen. Hässig, der früher Radiomoderator war, arbeitet auf einem Kindernotfall, Rumy war bis vor Kurzem auf der Kardiologie anzutreffen und ist nun als Berufsschullehrerin tätig.
«Riesiger Erfolg» für Pflegebranche
Bei Yvonne Ribi (47), Geschäftsführerin des Berufsverbands der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner (SBK), ist die Freude über das Nachrücken der beiden riesig. Anwälte, Bauern, Unternehmerinnen: Davon gibt es im Bundeshaus viele. Doch die Pflegebranche war im Parlament bisher kaum vertreten. Und wenn, dann meist durch Personen, die schon länger nicht mehr auf dem Beruf arbeiteten.
«Wir arbeiten seit 15 Jahren daran, mehr Pflegende in die Politik zu bringen», sagt Ribi. Das gilt nicht nur für die nationale, sondern auch die kantonale Ebene. Dass künftig gleich zwei Vertreter der Branche im Bundeshaus politisieren, sei ein «riesiger Erfolg».
Voller Einsatz für Pflege-Initiative
Ein wesentlicher Grund, weshalb die Pflegebranche so auf eine Vertretung im Parlament pochte, ist die Pflege-Initiative. 2021 nahm das Stimmvolk die Initiative an, die die Situation in der Pflege verbessern will. Seither kämpft der Verband, dass die Initiative auch wirklich konsequent umgesetzt wird. Durch eine direkte Vertretung im Bundeshaus erhofft sich der Verband eine stärkere Stimme. Um der starken Krankenkassenlobby Paroli bieten zu können.
«Meine klare Mission ist die vollständige Umsetzung der Pflege-Initiative», sagt Hässig. Farah Rumy und er, die beide bisher im Kantonsparlament politisierten, haben im Wahlkampf ganz auf ihren beruflichen Hintergrund gesetzt. Hässig posierte auf seinen Wahlplakaten in der weissen Spitaluniform und präsentierte sich als «die Stimme der Pflege in Bern». Farah versprach, sich für ein nachhaltiges Gesundheitssystem einzusetzen.
«Ich spüre gewisse Erwartungshaltung»
Mehr zur Pflege-Misere
Dass sie mit diesen Inhalten punkteten, dürfte auch eine Folge der Corona-Pandemie sein. Die Arbeit der Pflegenden wurde in der Covid-Zeit sichtbar. Auch die steigenden Krankenkassenprämien rückten das Gesundheitswesen in den Fokus. Die Probleme, die es in diesem Bereich zu lösen gilt, stapeln sich.
Hässig sagt, er habe nach seiner Wahl Hunderte Nachrichten von Berufskolleginnen und -kollegen aus dem Gesundheitswesen erhalten. «Ich spüre schon eine gewisse Erwartungshaltung», sagt er – und ergänzt: «Ich hoffe, dass ich sie nicht enttäusche.» Doch ihm ist bewusst: Zwei Pflegende im Nationalrat können keine Wunder bewirken. «Es braucht Geduld und Mehrheiten. Dafür will ich mich einsetzen.»