Viel zu wenige Pflegefachkräfte
Pflegeoffensive stockt trotz Milliarden-Unterstützung

Der Bundesrat macht vorwärts mit der Pflege-Ausbildungsoffensive, die den Schweizer Spitälern und Heimen zum dringend benötigten Pflegepersonal verhelfen soll. Nur: Die Ausbildungszahlen stagnieren oder gehen gar zurück.
Publiziert: 25.08.2023 um 13:34 Uhr
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Aktualisiert: 25.08.2023 um 14:12 Uhr
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Eine Ausbildungsoffensive soll den Mangel an Pflegefachleuten in der Schweiz beheben helfen. (Themenbild)
Foto: Keystone

In Spitälern und Heimen fehlen Tausende Pflegefachleute. Bis zum Ende dieses Jahrzehnts braucht die Schweiz rund 30 Prozent mehr Pflegerinnen und Pfleger. Der Bundesrat ist darum mit Hochdruck daran, die im November 2021 an der Urne angenommene Pflege-Initiative umzusetzen.

Bis zu einer Milliarde Franken sollen Bund und Kantone deshalb als Beiträge an ausbildende Institutionen sowie als Stipendien beisteuern. Mit acht Millionen Franken sollen zudem für vier Jahre Projekte unterstützt werden, die die Effizienz in der medizinischen Grundversorgung fördern. Im Fokus sollen innovative Versorgungsmodelle in der Langzeitpflege stehen.

Nur: Bis die Massnahmen aus der Pflegeinitiative und der vom Bundesrat angekündigten «Ausbildungsoffensive» greifen, geht es zu lange, wie die «Neue Zürcher Zeitung» schreibt. Um den Fachkräftemangel zu beheben, müsste es bereits jetzt stark steigende Zahlen in der Ausbildung geben. Die Realität sieht jedoch anders aus.

Einbruch um 15,5 Prozent im 2022

Der Verband Bildungszentren Gesundheit Schweiz (BGS) hat kürzlich die neusten Zahlen veröffentlicht. Diese zeigen: Im ersten Halbjahr 2023 haben nur noch 827 Personen eine Pflegeausbildung an einer höheren Fachschule begonnen. Im vergangenen Jahr waren es bis Ende Juni 979 Personen. Das entspricht einem Einbruch um 15,5 Prozent, wie die «NZZ» weiter schreibt.

Als alarmierend bezeichnet BGS-Präsident Jörg Meyer (55) die Zahlen nicht. Immerhin rechne die Hälfte der Bildungszentren damit, dass sie für 2023 die Zahlen von 2022 erreichen oder sogar übertreffen, lässt er sich im Artikel zitieren.

In der zweiten Jahreshälfte meldeten sich jeweils deutlich mehr Studentinnen an als in der ersten. Der Grund: Viele hätten ihre Lehre abgeschlossen und wechselten nahtlos an die höhere Fachschule. Allerdings basiere die optimistische Prognose vor allem auf dem Prinzip Hoffnung. «Wir sind sicher noch nicht aus dem Tal der Tränen raus», sagt Meyer.

Geburtenschwache Jahrgänge

Auch an den Fachhochschulen ging die Zahl der Studierenden nach dem Rekordjahr 2021 zurück. Die Berner Fachhochschule etwa verzeichnete gemäss «Neue Zürcher Zeitung» 2023 149 Ausbildungsstarts, 18 weniger als vor zwei Jahren. An der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften nahmen im Herbst 2022 bloss 134 Personen das Pflege-Bachelorstudium in Angriff. Das entspricht einem Rückgang um 25 Prozent.

Für Irène Ris (52), Leiterin des Bachelorstudiengangs Pflege, ist das Ausbleiben des dringend benötigten Ausbildungsbooms auf geburtenschwache Jahrgänge zurückzuführen. Und auf die Medien, die auf die schwierigen Jobbedingungen fokussierten. (oco)

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