Bundesrätin Simonetta Sommaruga (61) droht ein schwarzer Sonntag. Je näher der 13. Juni rückt, desto mehr scheint ihr CO2-Gesetz zu scheitern: Noch vor vier Wochen wollten gemäss GfS-Umfrage 60 Prozent der Stimmberechtigten Ja sagen zu Flugticketabgabe und Co. Nun, zehn Tage vor dem Urnengang, sind es noch 54 Prozent. Es wird knapp für die SP-Umweltministerin. Und «schuld» daran sind die Landregionen.
Gut möglich aber, dass Sommaruga selbst einen grossen Fehler gemacht hat – als sie nämlich die Abstimmung über das CO2-Gesetz auf denselben Tag legen liess wie jene über die Pestizid-Initiativen.
Ein zweiter 27. September
Sie hatte sich, so wird kolportiert, eine Dynamik erhofft wie am Abstimmungssonntag vom 27. September. Damals hatten Begrenzungs-Initiative und Vaterschaftsurlaub die links-grüne, urbane Schweiz mobilisiert – und so auch das Jagdgesetz abgeschossen, das dem Wolf leichter den Garaus machen wollte. Die Stadt-Schweiz hatte über die Land-Schweiz obsiegt.
Am 13. Juni sollte ebendiese urbane Schweiz dem Land einen Umweltsonntag bescheren. Städter, für die Pestizide vor allem Gift im Essen und Trinkwasser sind, sollten die Landbevölkerung überstimmen – und so das CO2-Gesetz in trockene Tücher bringen.
Die Bauern können nicht helfen
Nun passiert das Gegenteil: Der ländliche Groll gegen die Pestizid-Initiativen droht auch das CO2-Gesetz zu Fall zu bringen. Sommaruga und der Gesamtbundesrat hätten eine «Atombombe» gebastelt, die auch das Umweltgesetz zerstört, sagt ein Kampagnen-Experte. Dabei hätte man das CO2-Gesetz einfach im September an die Urne bringen können – gemeinsam mit der 99-Prozent-Initiative der Juso und der Ehe für alle.
«Es war sicher ein Fehler, dass man diese drei Geschäfte auf den gleichen Tag gelegt hat», sagt auch Bauernpräsident Markus Ritter (54). «Dass uns die Umweltverbände wegen der Agrarinitiativen dermassen attackieren», hat laut dem Mitte-Nationalrat dem CO2-Gesetz ebenfalls geschadet.
«Ich habe in den letzten 30 Jahren nie eine derartige Politisierung der bäuerlichen Familien erlebt wie jetzt.» Es gehe da ums Überleben, so Ritter. Dem Bauernverband sei es so jedenfalls nicht möglich, für Sommaruga in die Hosen zu steigen. Obwohl er die Ja-Parole zum CO2-Gesetz ausgegeben hat.
SVP-Chiesa: «Das hilft uns»
Die, die gegen alles antreten – die SVP –, freut das natürlich. «Die drei Vorlagen haben eines gemeinsam: Sie gehen Richtung Moralisierung, davon haben viele Leute genug», sagt Parteipräsident Marco Chiesa (46). Er ist überzeugt: «Die Mobilisierung gegen die Agrarinitiativen hilft uns. Es ist gut möglich, dass sie das CO2-Gesetz mit in den Abgrund reissen.»
Auf linker Seite hingegen nimmt man Sommaruga in Schutz. «Eine Abstimmung erst im Herbst wäre zu spät angesetzt», sagt SP-Fraktionschef Roger Nordmann (48). Man brauche nämlich Zeit für die Vorbereitung, damit das Gesetz auf Anfang 2022 in Kraft treten kann. Und er gibt zu bedenken: «Wäre das CO2-Gesetz erst im Herbst gekommen, wäre bei einem Ja zu den Agrarinitiativen auch ein Rachefeldzug gegen das CO2-Gesetz ein Szenario gewesen.»
Schiessen sich die Bauern ins eigene Knie?
Für Nordmann wäre es paradox, wenn die ländlichen Gebiete das CO2-Gesetz ablehnen würden. «Die Landwirtschaft leidet am stärksten unter dem Klimawandel.» Daher appelliert er nochmals an die Bauern: «Auch wenn man die extremen Agrarinitiativen ablehnt, kann man aus Vernunft Ja sagen zum CO2-Gesetz. Man sollte hier mit dem Kopf entscheiden und nicht mit der Wut im Bauch.»
Die grüne Nationalrätin Regula Rytz (59) jedenfalls gibt den Kampf nicht verloren: «Es ist noch nichts entschieden. Aber die Umfrageresultate müssen ein Weckruf an diese breite Allianz für das CO₂-Gesetz sein, jetzt noch richtig zu mobilisieren.» Gelingt das nicht, pulverisiert wirklich eine Atombombe den Umweltsonntag.
Mit dem CO2-Gesetz sowie der Trinkwasser- und der Pestizid-Initiative stimmt die Schweiz am 13. Juni über drei Vorlagen ab, bei denen es um den Umweltschutz geht. Darum gehts konkret:
Hinter der Trinkwasser-Initiative steht Fitnesstrainerin Franziska Herren (54). Sie will, dass nur noch jene Bauern Direktzahlungen erhalten, die keine Pestizide verwenden. Landwirte dürfen zudem nur so viele Tiere halten, wie sie mit Futter ernähren können, das auf dem eigenen Betrieb produziert wird.
Die Pestizid-Initiative, die von einem Bürgerkomitee aus der Westschweiz eingereicht wurde, ist noch extremer und will ein komplettes Verbot synthetischer Pestizide – nicht nur für die Landwirtschaft. Es sollen nicht einmal mehr Güter importiert werden dürfen, bei deren Herstellung Pestizide zum Einsatz kamen. Bundesrat und Parlament lehnen beide Initiativen ab.
Anders ist es beim CO2-Gesetz – dieses empfehlen Bundesrat und Parlament zur Annahme.
Es soll sicherstellen, dass die Schweiz ihre im Pariser Klimaabkommen festgelegten Ziele erreicht. Konkret sollen die jährlichen CO2-Emissionen gegenüber den Werten von 1990 bis 2030 halbiert werden.
Das soll mit Lenkungsabgaben auf Brennstoffe, Benzin und fürs Fliegen erreicht werden: Wer wenig CO2 verursacht, profitiert finanziell. Eine Milliarde Franken solll in einen Klimafonds für Investitionen in Gebäudesanierungen, Klimaschutzmassnahmen und Innovationen fliessen. Gegen das Gesetz wurde das Referendum ergriffen.
Mit dem CO2-Gesetz sowie der Trinkwasser- und der Pestizid-Initiative stimmt die Schweiz am 13. Juni über drei Vorlagen ab, bei denen es um den Umweltschutz geht. Darum gehts konkret:
Hinter der Trinkwasser-Initiative steht Fitnesstrainerin Franziska Herren (54). Sie will, dass nur noch jene Bauern Direktzahlungen erhalten, die keine Pestizide verwenden. Landwirte dürfen zudem nur so viele Tiere halten, wie sie mit Futter ernähren können, das auf dem eigenen Betrieb produziert wird.
Die Pestizid-Initiative, die von einem Bürgerkomitee aus der Westschweiz eingereicht wurde, ist noch extremer und will ein komplettes Verbot synthetischer Pestizide – nicht nur für die Landwirtschaft. Es sollen nicht einmal mehr Güter importiert werden dürfen, bei deren Herstellung Pestizide zum Einsatz kamen. Bundesrat und Parlament lehnen beide Initiativen ab.
Anders ist es beim CO2-Gesetz – dieses empfehlen Bundesrat und Parlament zur Annahme.
Es soll sicherstellen, dass die Schweiz ihre im Pariser Klimaabkommen festgelegten Ziele erreicht. Konkret sollen die jährlichen CO2-Emissionen gegenüber den Werten von 1990 bis 2030 halbiert werden.
Das soll mit Lenkungsabgaben auf Brennstoffe, Benzin und fürs Fliegen erreicht werden: Wer wenig CO2 verursacht, profitiert finanziell. Eine Milliarde Franken solll in einen Klimafonds für Investitionen in Gebäudesanierungen, Klimaschutzmassnahmen und Innovationen fliessen. Gegen das Gesetz wurde das Referendum ergriffen.