Eine Bundesratssitzung leiten? Geht. Den Staatsmann geben? Herausfordernd. Auf dem internationalen Parkett glänzen? Schwierig. Die Erwartungen waren gering, als Guy Parmelin (61) im Dezember zum neuen Bundespräsidenten gewählt wurde.
Doch der Bauernsohn aus Bursins VD überrascht positiv. Selbstbewusst reiste er im Frühling nach Brüssel, um EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (62) über die Beerdigung des Rahmenabkommens zu informieren. Im Inland beschwichtigt der SVP-Bundesrat – ganz Landesvater – radikale Corona-Skeptiker, und nun macht er sich in der Welt beliebt.
Rat eines Winzers
In der Nacht auf Mittwoch hielt Guy Parmelin, wie die Bundespräsidenten in den Jahren vor ihm, eine Rede vor der Uno-Generalversammlung in New York. Anders als die meisten Staats- und Regierungschefs hielt er sich dabei kurz – und erzählte aus seinem Leben.
«Die meiste Zeit meines Berufslebens habe ich als Winzer gearbeitet», sagte der Waadtländer zu Beginn. Der Weinbau habe ihn Geduld, Durchhaltevermögen und Vertrauen gelehrt. Als Winzer wisse man, dass Hagel oder Frost plötzlich über die Reben einbrechen könnten – ähnlich zerstörerisch wie die Corona-Pandemie über die Welt.
«Gute Winzer leben mit diesem Risiko und wissen, wie sie sich nach solchen Schicksalsschlägen wieder erheben können», sagte Parmelin. So würden Schweizer Winzerinnen und Winzer sich etwa gegenseitig helfen und für den Schadensfall in Versicherungen einbezahlen.
Wenn eine Krise – wie die Covid-Krise – eine ganze Region treffe, «muss die Solidarität global sein und die Lösungen gemeinsam», sagte Parmelin. Die Uno sei der Ort, an dem Wissen und Ressourcen gebündelt würden.
Kandidatur für Uno-Sicherheitsrat
Gleichzeitig weibelte der SVP-Bundesrat für die Wahl der Schweiz in den Uno-Sicherheitsrat. «Zwanzig Jahre nach unserem Beitritt zu den Vereinten Nationen sind wir bereit, einen Beitrag zur Arbeit des Sicherheitsrats in den Jahren 2023/2024 zu leisten», so der Bundespräsident.
Die Wahl findet im Juni 2022 in New York statt. Bis dahin wird Parmelin das Präsidium bereits an Aussenminister Ignazio Cassis (60, FDP) weitergegeben haben. (til)