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Kommt der entscheidende Pass von der Fifa?
So will sich das EDA in den UN-Sicherheitsrat dribbeln

Das Aussendepartement versucht mit ganz verschiedenen Strategien, einen Sitz im Uno-Sicherheitsrat zu ergattern. Vielleicht sogar mit Hilfe des Weltfussballverbands.
Publiziert: 22.08.2019 um 23:13 Uhr
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Aktualisiert: 23.08.2019 um 07:33 Uhr
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Die politische Staatssekretärin Pascale Baeriswyl hat ...
Foto: Keystone
Pascal Tischhauser

Aussenminister Ignazio Cassis (58) wechselt Pascale Baeriswyl (51) als Captain des Teams der Schweizer Uno-Mission in New York ein, wie er am Mittwoch informierte.

Vordringlichste Aufgabe der bisherigen Leiterin der politischen Abteilung im Aussendepartement (EDA) wird es sein, die Schweiz in den Uno-Sicherheitsrat zu führen. Unsere Diplomaten versuchen schon seit Jahren, die notwendigen Stimmen zusammenzubekommen. Auch mit Tauschgeschäften.

Baeriswyl war hier bis anhin schon besonders fleissig. Laut einem Papier, das aus dem Aussendepartement zu kommen scheint und BLICK vorliegt, soll sie gar beim Weltfussballverband Fifa um Unterstützung gebeten haben. 

Recherchen zeigen, dass sich Baeriswyl am 21. Mai 2019 mit Fifa-Generalsekretärin Fatma Samoura (56) getroffen hat. Das EDA bestätigt dieses Meeting. Was aber hat die politische Staatssekretärin mit Sport zu tun?

Nichts, wenn man den EDA-Verlautbarungen glaubt. «Thema des Gesprächs war ein Austausch über die aktuelle Situation auf der Arabischen Halbinsel», erklärt der Sprecher Pierre-Alain Eltschinger. Die senegalesische Sportfunktionärin Samoura dürfte aber kaum Expertin für die arabische Frage sein.

Dieser Aussage widerspricht auch ein internes Papier der politischen Direktion im EDA, das BLICK vorliegt. Laut diesem ging es beim Treffen um die Aufstockung der Anzahl Mannschaften an der Fussball-WM-Endrunde in Katar. Dafür wiederum dürfte die Staatssekretärin kaum die richtige Ansprechpartnerin sein.

Kontingentfreie Rekrutierung aus Drittstaaten

Was also sollte das Treffen? Wie bekannt ist, versucht der Weltfussballverband unter der Leitung von Gianni Infantino (49) schon länger, einen Sonderstatus als privilegierte Organisation in der Schweiz zu erhalten (siehe Box). Dieser könnte der Fifa neben Steuervorteilen auch Immunität für ihre Führungsriege bringen.

BLICK hat beim Weltfussballverband nachgefragt. Glaubt man der Fifa, strebt sie lediglich eine Sonderregelung bei der Rekrutierung von Personal von ausserhalb Europas an.

Geht es der Fifa tatsächlich darum, einfacher Personal aus Übersee nach Zürich transferieren zu können? Auf Nachfrage räumt das EDA ein, die Fifa-Generalsekretärin habe das Thema beim Treffen mit Baeriswyl angesprochen. 

Doch Baeriswyl ist längst nicht die Einzige im Departement, die sich Zeit für die Fifa nimmt. So schrieb EDA-Generalsekretär Markus Seiler (49) der Fifa am 19. März 2018, also mehr als ein Jahr vor dem Treffen, einen Brief. Darin steht, dass der Weltfussballverband zwar nicht als institutionelle Begünstigte gelten könne. Er schliesst für die Fifa aber eine Sonderregelung zur einfacheren Anstellung von Personal aus Drittstaaten nicht aus. Für die Weiterverfolgung dieses Ziels durfte die Fifa auf das EDA-Schreiben verweisen.

SEM gab Fifa einen Korb

Das tat die Fifa dann auch, als sie sich ans Staatssekretariat für Migration (SEM) wandte. Doch das Amt von Staatssekretär Mario Gattiker (62) liess den Weltfussballverband 2018 abblitzen: Die Fifa könne keine Erleichterung für die Anstellung von Drittstaatlern erhalten. Und dennoch trifft sich Baeriswyl ein Jahr später wieder mit der Fifa, wo wieder diese Sonderregelung zur Sprache kommt.

Als BLICK nun aber vom EDA genauere Auskünfte zum Sonderstatus für die Fifa verlangte, hiess es plötzlich, der Bundesrat habe 2006 festgehalten, dass Sportverbände wie die Fifa gar nicht als institutionell Begünstigte im Sinn des Gaststaatgesetzes gelten können.

Diesen Bescheid hätte das EDA der Fifa also schon längst geben können. Und dennoch standen für den Weltfussballverband die Türen des Aussendepartements stets weit offen: Schon im Dezember 2017 trafen sich die Chefs von EDA und Fifa nämlich höchstpersönlich: Im Beisein von Bundeskanzler Walter Thurnherr (56) nahm sich Bundesrat Cassis Zeit für den Präsidenten des Weltfussballverbands Gianni Infantino (49).

Das geht aus dem Mailverkehr zwischen SEM und Fifa hervor, den BLICK gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz erhalten hat. 

Warum machte sich das EDA für die Fifa stark?

Hat die Fifa tatsächlich einen derart guten Draht zu den politisch Mächtigen dieser Welt, um der Schweiz zu einem Sitz im Uno-Sicherheitsrat verhelfen zu können? Es gibt ein Beispiel, das dafür spricht: BLICK weiss, dass der argentinische Staatspräsident Mauricio Macri (60) im Sommer unbemerkt von der Öffentlichkeit in der Schweiz weilte – und nicht etwa, um unsere Bundesräte zu treffen, sondern als Gast der Fifa!

Dazu muss man wissen: Macri war lange Präsident des Sportvereins Boca Juniors in Buenos Aires. Bekannt ist der Klub vor allem für seine Fussballabteilung, für die einst Diego Maradona (58) spielte. Maradona ging als die «Hand Gottes» in die Fussballgeschichte ein, als er an der Weltmeisterschaft 1986 gegen England regelwidrig mit der Hand ein Tor erzielte – und Argentinien in der Folge zum WM-Titel führte.

Zwar antwortet das EDA auf die Frage, ob beim diesjährigen Treffen zwischen Baeriswyl und der Fifa-Generalsekretärin Samoura der Sitz im Uno-Sicherheitsrat ein Thema war, kurz und bündig mit: Nein. Doch das heisst nicht, dass die Schweizer Hinterzimmerdiplomatie das verbindende Element des Fussballs nicht doch für ihre Zwecke nutzt – und sei es mit der «Hand Gottes».

Das will der Weltfussball-Verband

Seit 2007 hat die Schweiz ein Gaststaatgesetz. Es regelt, welche Vorrechte, welchen Schutz und welche Erleichterungen internationale Organisationen geniessen, wenn sie ihren Sitz oder eine Vertretung in der Schweiz haben. Die Vorteile sind je nachdem beträchtlich: Sie reichen von einfacheren Einreise-, Aufenthalts- und Arbeitsbedingungen für Angestellte über Steuerbefreiungen bis hin zu strafrechtlicher Immunität.

Und das Gesetz legt auch fest, wer in den Genuss dieser Privilegien kommen kann. Dafür nämlich muss eine Organisation oder eine Person als «institutioneller Begünstigter» gelten. Dafür sind folgende Kriterien zwingend:

  • Hauptsitz oder Zweigsitz in der Schweiz
  • Verfolgung eines nicht auf Gewinn ausgerichteten Zwecks von internationalem Nutzen
  • Tätigkeit im Bereich der internationalen Beziehungen
  • Besonderes Interesse für die Schweiz an der Präsenz hierzulande

Gemäss Statuten trifft dies auch auf die Fifa zu, welche sich daher seit Jahren um einen Status als «institutioneller Begünstigter» bemüht. Doch der Bundesrat hat Sportorganisationen in seiner Botschaft davon ausgeschlossen. (pt)

Seit 2007 hat die Schweiz ein Gaststaatgesetz. Es regelt, welche Vorrechte, welchen Schutz und welche Erleichterungen internationale Organisationen geniessen, wenn sie ihren Sitz oder eine Vertretung in der Schweiz haben. Die Vorteile sind je nachdem beträchtlich: Sie reichen von einfacheren Einreise-, Aufenthalts- und Arbeitsbedingungen für Angestellte über Steuerbefreiungen bis hin zu strafrechtlicher Immunität.

Und das Gesetz legt auch fest, wer in den Genuss dieser Privilegien kommen kann. Dafür nämlich muss eine Organisation oder eine Person als «institutioneller Begünstigter» gelten. Dafür sind folgende Kriterien zwingend:

  • Hauptsitz oder Zweigsitz in der Schweiz
  • Verfolgung eines nicht auf Gewinn ausgerichteten Zwecks von internationalem Nutzen
  • Tätigkeit im Bereich der internationalen Beziehungen
  • Besonderes Interesse für die Schweiz an der Präsenz hierzulande

Gemäss Statuten trifft dies auch auf die Fifa zu, welche sich daher seit Jahren um einen Status als «institutioneller Begünstigter» bemüht. Doch der Bundesrat hat Sportorganisationen in seiner Botschaft davon ausgeschlossen. (pt)

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