Der Klassenkampf kommt bei Ronja Jansen (26) wie aus der Pistole geschossen. Ob Steuern, Gleichstellung oder Corona-Schulden: Stichworte wie «Profitgier der Reichen» oder der «Kampf von oben gegen unten» hat die Präsidentin der Juso immer parat.
Bald wird Jansen solche Sätze aber nicht mehr als Juso-Chefin von sich geben. An der Delegiertenversammlung vom Samstag kündigte sie ihren Rücktritt per Mitte Juni an. Bis dahin wird sie knapp drei Jahre lang die Geschicke der Jungsozialisten geführt haben.
«Ich will Platz machen für die nächste Generation Jusos», sagt Jansen. Mit 26 Jahren eine Sesselkleberin? «Bei der Juso ist es recht normal, dass die Wechsel schnell passieren.» Es gehöre zu einer Jungpartei, dass die Köpfe an der Spitze regelmässig wechselten. «Auch meine Vorgängerin und Vorgänger haben das Amt nicht länger ausgeübt.»
Präsidium als Sprungbrett in Nationalrat
Die meisten ihrer Vorgänger – Tamara Funiciello (31), Fabian Molina (31) oder der heutige SP-Co-Präsident Cédric Wermuth (36) – sitzen inzwischen für die SP im Nationalrat. Jansen ihrerseits will zunächst ihr Studium wieder aufnehmen, das sie für die Juso auf Eis gelegt hatte. Noch knapp ein Semester fehlt ihr noch für ihren Bachelorabschluss in Wirtschaft und Soziologie. Zumindest das Timing, 2023 für den Nationalrat zu kandidieren, würde aufgehen.
Die Baselbieterin legt sich lieber noch nicht fest – ob eine Kandidatur dereinst passen werde, wisse sie schlicht noch nicht. Sie schliesst es aber auch nicht aus. «Ich werde mich sicher weiter politisch engagieren», hält sie fest. Zuerst nun im Baselbieter Landrat, wo sie gerade nachgerückt ist. Das Timing sei eher Zufall, sagt Jansen. «Aber ich werde mich auch dort dafür einsetzen, dass weniger nach oben gebuckelt und gegen unten getreten wird.»
Sachkenntnis ja, Provozieren weniger
Solche Sätze gibt Jansen ohne einen Hauch von Ironie von sich. Der Schalk mancher ihrer Vorgänger, allen voran Tamara Funiciello, geht ihr ab. Witze reissen ist nicht Jansens Sache, träfe Sprüche à la «Die Juso soll der Stachel im Arsch der SP sein», wie Funiciello gerne polterte, hört man von Jansen nicht. Punkten konnte sie aber immer wieder mit Dossierkenntnis und Schlagfertigkeit, und zwar egal, ob sie sich in der «Arena» mit bürgerlichen Wirtschaftspolitikern mass oder auf Twitter spitze Kommentare konterte.
Unterschreibt sie den Satz mit dem Stachel? Jansen überlegt eine Weile. «Das ist so.» Doch die Juso sei nicht nur Stachel, sondern auch Motor, der vorwärts zieht. Dass die Parteispitze ehemalige Jusos seien, habe den gemeinsamen Blickpunkt sicher gestärkt. «Doch wir sind uns lange nicht immer einig.»
Gescheiterte 99-Prozent-Initiative
Grosses Projekt ihrer Amtszeit war die 99-Prozent Initiative, die Jansen mit dem Amt geerbt hatte – und die mit 35 Prozent Ja-Stimmen krachend scheiterte.
Als Verliererin will Jansen nicht vom Platz gehen. «Für eine 1-Prozent-Partei wie die Juso ist das eine gute Leistung!» findet sie und weist darauf hin, dass die just eben so krachend gescheiterte Stempelsteuer-Abschaffung ähnlich wenig Rückhalt im Volk hatte – und das, obwohl nicht eine Jungpartei, sondern sämtliche bürgerlichen Parteien dahinter standen.
Juso bleibt bei Verteilungsgerechtigkeit
Am Samstag debattierten die Jungsozialisten über ihre nächste Initiative, die fordert, dass die Reichen für die Klimakatastrophe bezahlen sollen. Kernforderung ist, dass niemand mehr als 100 Millionen Franken auf dem Konto haben darf.
Bessere Aussichten als die letzten drei gescheiterten Juso-Initiativen dürfte auch dieses Anliegen nicht haben. Wie es für die Juso schon fast Tradition ist, wird Ronja Jansen den Kampf aber nicht mehr ausfechten und Unterschriftensammlung und vor allem den möglichen Abstimmungskampf ihrem Nachfolger oder ihrer Nachfolgerin vererben.