Partei krebst zurück
SVP will von Diktatur plötzlich nichts mehr wissen

Mehrere Mitglieder der SVP-Führung haben dem Bundesrat vorgeworfen, die Schweiz in eine Diktatur zu verwandeln. Nun krebst die Partei zurück.
Publiziert: 06.01.2022 um 17:52 Uhr
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Aktualisiert: 06.01.2022 um 19:20 Uhr
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Peter Keller ist einer der wichtigsten Köpfe in der SVP.
Foto: Keystone

Sind es die Festtage? Jedenfalls scheint die SVP so milde gestimmt, wie lange nicht mehr. Vor Weihnachten rief Ex-Parteichef Albert Rösti (54) die Menschen eindringlich zur Impfung auf. Am Dreikönigstag wies die Partei in einer Mitteilung darauf hin, dass das Virus «unbestritten gefährlich» sei. Und Generalsekretär Peter Keller (50), der die aggressive Politik gegen den Bundesrat in den letzten Monaten geprägt hatte, sagte in einem Interview mit der NZZ: «Die SVP hat den Begriff Diktatur offiziell nie verwendet. Die Partei spricht von Massnahmenregime.»

Das ist eine überraschende Distanzierung. Vor einem Jahr hatte Magdalena Martullo-Blocher (52) – immerhin die Vize-Präsidentin der Partei – in einem Interview mit der NZZ gesagt: «Der Bund hat eine Diktatur eingeführt. Er hat die Demokratie ausgeschaltet.» Als Vorbild während der Pandemie nannte sie – ausgerechnet! – China. Auch Martullos Vater, SVP-Vordenker Christoph Blocher (81) bezeichnete Gesundheitsminister Alain Berset (49) als Diktator, weil er angeblich den Lockdown verlängern wollte.

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Parteileitung verbreitet Diktatur-Vorwurf

Es dauerte nur wenige Tage, da hatten viele SVP-Politiker das Wording verinnerlicht. Parteipräsident Marco Chiesa (47) sagte gegenüber dem «Tages-Anzeiger»: «Die Schweiz ist keine Diktatur mit Gewalt, sondern heute eine rechtliche Diktatur mit dem Gesetz.» Marcel Dettling, der ebenfalls in der Parteileitung sitzt, beteuerte gegenüber «Tele Züri», dass es in einer «kleinen Diktatur» genauso aussehe, wie in der Schweiz. Und Franz Grüter – Vizepräsident und Stabschef – stellte klar: «Aufgrund der aktuellen Entwicklung sind wir einhellig der Meinung, dass das Diktat des Bundesrates beendet werden muss.»

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Und nicht nur die Parteileitung verbreitete den Diktatur-Vorwurf, aus der Parteizentrale kamen dieselben Töne. In einer Medienmitteilung etwa warf die SVP dem Bundesrat und insbesondere Alain Berset vor, am «diktatorischen Massnahmen-Regime» festzuhalten.

Die Angriffe gegen Bundesrat Berset gingen so weit, dass einzelne SVP-Vertreter – wie etwa der damalige Ständeratspräsident Alex Kuprecht (64) – die Partei öffentlich kritisierten. «Ich habe der Partei schon im Dezember signalisiert, dass ich mit solchen persönlichen Angriffen Mühe habe», sagte er. Auch die beiden SVP-Vertreter im Bundesrat, Guy Parmelin (62) und Ueli Maurer (71) stellten sich demonstrativ vor Berset. «Sieht er etwa aus wie ein Diktator?», fragte Guy Parmelin während einer Medienkonferenz.

Chiesa zurückgepfiffen

Dass sich Generalsekretär Peter Keller nun plötzlich vom Diktatur-Begriff distanziert, ist nicht die erste Wirrung in der Corona-Kommunikation der SVP. Für Aufsehen sorgte vergangenes Jahr etwa auch eine Aussage von Parteichef Marco Chiesa, wonach eine Impfplicht fürs Pflegepersonal sinnvoll sei. Nur wenige Tage später wurde er von der Partei zurückgepfiffen. Den Medien warf die SVP «Fake News» vor. (til)

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