Vor 25 Jahren brauchte Schönheitschirurg Hans Peter Kern (58) noch eine Bewilligung vom Verteidigungsdepartement, wenn er einer Kundin Botox in die Stirn spritzen wollte. Schliesslich handelt es sich bei Botulinumtoxin, wie die Substanz mit vollem Namen heisst, um ein Nervengift.
Heute geht das viel unkomplizierter. Viele Kosmetikstudios bieten Behandlungen mit Botulinumtoxin und Hyualuronsäure an – obwohl sie das eigentlich gar nicht dürften. Gemäss dem Heilmittelinstitut Swissmedic ist es nur Ärztinnen und Ärzten erlaubt, Substanzen zu spritzen, die länger als einen Monat im Körper bleiben. Und das ist bei den Hyaluron-Produkten, die derzeit auf dem Markt sind, der Fall. Doch im Gesetz festgehalten ist diese Regel bisher nicht.
Nationalrat sieht Handlungsbedarf
Nun könnte das Parlament diese Gesetzeslücke stopfen. Der Nationalrat hat bereits vor anderthalb Jahren einem Vorstoss von alt Nationalrätin Ruth Humbel (65) zugestimmt, der das Spritzen von Hyaluron strenger reglementieren will. «Solch risikobehaftete Behandlungen dürfen ausschliesslich von Ärztinnen und Ärzten durchgeführt werden, und es braucht Sanktionsmassnahmen im Falle von Widerhandlungen gegen die Vorschriften», begründete Humbel ihre Forderung.
Der Entscheid des Nationalrats fiel knapp aus – mit 96 zu 92 Stimmen. Am Dienstag entscheidet der Ständerat. Sagt er Nein, ist die Gesetzesänderung vom Tisch.
Im schlimmsten Fall Erblindung
Schönheitschirurg Kern, der in Zürich eine Praxis führt, hofft, dass das Parlament Humbels Vorstoss annimmt. Vor allem in den grossen Zentren, aber auch auf dem Land gebe es immer mehr illegale Behandlungen, sagt er. Vor allem mit Hyaluron, mit dem sich wie mit Botulinumtoxin Falten weg- und Lippen aufspritzen lassen. «Es sind grosse Studios, aber auch ganz kleine, die die Behandlung unter der Hand anbieten», so Kern. «Niemand kontrolliert sie. Die Heilmittelkontrolle wird nur tätig, wenn jemand eine Anzeige macht.»
Dabei seien solche Behandlungen durch Kosmetikerinnen ohne ärztliche Ausbildung gefährlich, warnt Kern. Harmlose Komplikationen seien Infektionen und Herpes. Spritze man Hyaluron-Filler in ein Blutgefäss, könne Hautgewebe absterben und es sei sogar schon vorgekommen, dass Frauen wegen einer Spritze am falschen Ort erblindet seien.
Bundesrat ist dagegen
«Ich hatte eine Patientin, die mit einer ganz verfärbten Oberlippe zu mir kam», erzählt er. Sie habe ihm gesagt, dass sie bei einer Kosmetikerin war. Als sie bemerkte, dass die Lippe ganz weiss wird, habe diese nur gesagt, dass sich das schon wieder lege. Doch noch Monate später war die Verfärbung als bleibende Narbe sichtbar.
Dabei ist laut seinen Angaben eine Behandlung beim Arzt gar nicht viel teurer als illegal bei einer Kosmetikerin. Eine Hyaluron-Behandlung bekomme man etwa ab 400 Franken.
Der Bundesrat ist dagegen, Kosmetikerinnen per Gesetz Hyaluron-Behandlungen zu verbieten. Er ist der Meinung, dass die heutigen Regelungen bereits ausreichend Schutz bieten. Für Kontrolle und Sanktionierung seien die Kantone zuständig.