«Ein Teil der Demokratie, sowas zu akzeptieren»
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Ritter gegenüber Blick:«Ein Teil der Demokratie, sowas zu akzeptieren»

Opfer des eigenen Erfolgs
Bitter für Ritter

Er galt lange als Favorit für die Nachfolge der abtretenden Mitte-Bundesrätin Viola Amherd. Umso härter ist die Niederlage für den St. Galler Nationalrat Markus Ritter. Doch sie hat Gründe.
Publiziert: 12.03.2025 um 17:05 Uhr
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Aktualisiert: 12.03.2025 um 17:10 Uhr
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Sechs Jahre sind genug: Viola Amherd bei ihrer Abtrittsrede vor der Vereinigten Bundesversammlung.
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts

  • Martin Pfister gewinnt überraschend Bundesratswahl gegen Favorit Markus Ritter
  • Ritter wurde Opfer seines eigenen Erfolgs und taktischer Überlegungen
  • Pfister erhielt 134 Stimmen bei der Wahl zum Bundesrat
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Daniel BallmerRedaktor Politik

Das Lächeln wirkte gequält. Die Enttäuschung stand Markus Ritter (57) ins Gesicht geschrieben. Verständlich. «Gewählt ist mit 134 Stimmen Martin Pfister», hatte Nationalratspräsidentin Maja Riniker (46) soeben verkündet – für Ritter eine herbe Niederlage. Immerhin hatte der St. Galler Nationalrat zu Beginn der Kampagne als klarer Favorit für die Nachfolge von Mitte-Bundesrätin Viola Amherd (62) gegolten – und war entsprechend aufgetreten.

Der frischgebackene Bundesrat Martin Pfister (61) dagegen war erst Stunden vor Ablauf der Meldefrist auf den Zug aufgesprungen und hatte so seiner Partei die Blamage eines Einertickets erspart. Für viele galt der Zuger Regierungsrat als sprichwörtlicher Notnagel, den in Bundesbern kaum einer kannte. Und doch hat es Pfister geschafft, innert weniger Wochen das Blatt zu wenden.

Opfer seines eigenen Erfolgs

Für viele unter der Bundeshauskuppel aber ist klar: Es war weniger Pfister, der die Wahl gewonnen hat, vielmehr hat die Parlamentsmehrheit Ritter die Wahl verweigert. Dazu haben gleich mehrere Faktoren beigetragen.

So stand sich Ritter zu Beginn der Wahlkampagne gleich mehrfach selber im Weg, liess kaum ein Fettnäpfchen aus. Er stiess nicht nur die Frauen vor den Kopf, sondern auch die Städter. Sein ausgesprochen selbstsicheres Auftreten kippte für viele in Arroganz. Das alles hat ihm nicht geholfen.

Vor allem aber wurde Ritter Opfer seines eigenen Erfolgs. Als Bauernpräsident zählt er seit Jahren zu den mächtigsten und erfolgreichsten Parlamentariern. Niederlagen ist er nicht gewohnt. Der Taktikfuchs schafft es sogar beim rigiden Sparprogramm des Bundesrats, für seine Bauern noch ein paar zusätzliche Subventionsmillionen herauszuschlagen.

Taktische Überlegungen spielten mit

Doch: Um seine Ziele zu erreichen, ist er in den vergangenen Jahren vielen auf die Füsse getreten – zu vielen. Immer wieder gab es von ihm lautstarke Forderungen, auch vor Druckversuchen soll er nicht zurückgeschreckt sein. Am Mittwoch folgte nun die Retourkutsche.

Hinzu kommen taktische Überlegungen. So hat etwa die FDP keinerlei Interesse an einem starken Mitte-Bundesrat, der seine Partei in gutem Licht erscheinen lässt. Schliesslich will die Mitte der FDP bei den nächsten Gesamterneuerungswahlen deren zweiten Bundesratssitz streitig machen. Das könnte manchen Freisinnigen dazu bewogen haben, den vermeintlich schwächeren Kandidaten Pfister auf den Zettel zu schreiben.

Solche Spielchen sind schon SP-Ständerätin Eva Herzog (63) zum Verhängnis geworden, die 2022 Elisabeth Baume-Schneider (61) im Rennen um die Nachfolge von Simonetta Sommaruga (64) den Vortritt lassen musste.

Das Abenteuer Bundesrat hat für Ritter ein jähes Ende genommen. Und nach der bitteren Niederlage kündigte Ritter dann gleich auch seinen langsamen Abschied an: 2028 will er als Nationalrat und Bauernpräsident abtreten, sagte er vor der Presse. Vorerst aber will er noch «weiter Vollgas geben». Die Bauern werden weiter zu ihm halten. Im Parlament aber hat sein Nimbus als Sieger Kratzer erhalten.

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