ÖV soll viel günstiger werden – dem Klima zuliebe
Grüne fordern halben Preis für alle

Zug- und Busfahren ist heute in der Schweiz viel zu teuer, findet Grünen-Nationalrätin Marionna Schlatter. Sie fordert eine Halbierung aller Ticketpreise, um beim Klimaschutz voranzukommen.
Publiziert: 10.07.2023 um 21:06 Uhr
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Aktualisiert: 12.07.2023 um 08:06 Uhr
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Zugfahren in der Schweiz ist teuer.
Foto: Keystone

Für 49 Euro im Monat so viel ÖV fahren, wie man will: Seit Mai gibt es in Deutschland das sogenannte Deutschlandticket. Regionalzüge, S-Bahnen, Bus und Trams – der ganze Nah- und Regioverkehr ist damit abgedeckt. Ein Ticket kaufen muss man nur noch für den Fernverkehr.

Von solchen Preisen können Zug- und Busfahrende in der Schweiz nur träumen. Allein eine einfache Fahrt von Bern nach Zürich kostet mit 51 Franken – ohne Halbtax – mehr als ein Deutschlandticket. Und künftig wird es noch teurer: Vergangene Woche hat die ÖV-Branche Preiserhöhungen von durchschnittlich 4,3 Prozent angekündigt.

Halbtax für alle

So kann es nicht weitergehen, finden die Grünen. «Bei diesen Preisen überlegt man sichs dreimal, ob man wirklich den Zug statt das Auto nehmen will», sagt die Zürcher Grünen-Nationalrätin Marionna Schlatter (42). Zwar gibts das Halbtax, mit dem man in der ganzen Schweiz zum halben Preis unterwegs ist. Doch die 185 Franken, die das Abo für Neukunden kostet, stellen aus Sicht Schlatters eine viel zu hohe Einstiegshürde dar. Nun brauche es einen «Befreiungsschlag».

In einem Vorstoss fordert Schlatter die Abschaffung des Halbtax – und die Halbierung sämtlicher Ticketpreise für alle. Die Forderung möge populistisch klingen, räumt die Politikerin ein. «Doch wenn wir unsere Klimaziele wirklich ernst nehmen, dann braucht es eine Verkehrsverlagerung. Und da ist der Preis ein wichtiger Faktor.»

«Es braucht politischen Willen»

Mit dem Vorstoss wolle man eine Debatte anstossen, sagt Schlatter. Die Nationalrätin stört sich insbesondere daran, dass der sogenannte motorisierte Individualverkehr in den vergangenen Jahren günstiger geworden ist – der öffentliche Verkehr hingegen teurer. Das zeigt eine Auswertung des Preisüberwachers. Der Anteil des ÖV am Gesamtverkehr stagniert seit Jahren.

«Nun braucht es politischen Willen, dass sich das ändert», so Schlatter. Willen, viel Geld in die Hand zu nehmen. Das 49-Euro-Ticket in Deutschland kostet Bund und Bundesländer 3 Milliarden Euro jährlich. Welches Preisschild eine Halbierung der Ticketpreise hätte, müsste der Bundesrat erst noch aufzeigen. Vergangenes Jahr haben die SBB knapp 3,4 Milliarden Franken mit dem Ticket- und Aboverkauf eingenommen.

Fraglich ist allerdings, wie viel das wirklich bringen würde. Zahlreiche Studien zeigten, dass der Preis ein wichtiger Faktor bei der Wahl eines Verkehrsmittels ist, aber nicht der wichtigste. Das hält ein Bericht des Verbands öffentlicher Verkehr fest. Noch wichtiger ist die Reisezeit – und zwar nicht nur die tatsächliche, sondern auch die gefühlte. (lha)

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