Mitten im Winter stehen viele Menschen in der türkischen und syrischen Erdbebenregion auf der Strasse. Einige von ihnen haben Familie und Freunde in der Schweiz.
Für den türkischstämmigen SP-Nationalrat Mustafa Atici (53) ist darum klar: «Angesichts der Krise und des Winters erwarte ich, dass die Betroffenen vorübergehend Schutz bei ihren Verwandten in der Schweiz suchen können», so der Basler.
Schneller Weg zum Visum
Das ist derzeit schon möglich, auch für die Erdbebenopfer. Kann man medizinische oder humanitäre Gründe geltend machen, kann man in den Genuss eines beschleunigten Visaverfahrens kommen, ein sogenanntes «Fast Track»-Verfahren. Die Möglichkeit, ein solches zu stellen, haben Menschen, die dringend medizinische Behandlung brauchen, einen schweren Unfall erlitten oder den Todesfall eines Familienangehörigen beklagen.
«Es geht primär darum, die dringlichsten Gesuche prioritär behandeln zu können», heisst es beim Staatssekretariat für Migration (SEM) auf Anfrage. Das Formular sei auch schon bei anderen Naturkatastrophen zur Anwendung gekommen, und habe keinen länderspezifischen Hintergrund.
Ausreise nur mit gültigem Pass
Doch selbst in diesen dringenden Fällen bestehen die Schweiz und der Schengenraum auf ein ordentliches Visaverfahren inklusive Papierkram. So wird etwa der Nachweis über die «nötigen finanziellen Mittel für die Reise» oder einen gültigen Reisepass verlangt.
Es ist jedoch zweifelhaft, dass Menschen, deren Häuser in den letzten Tagen beim Erdbeben zusammenbrachen, all die nötigen Papiere der Schweizer Botschaft vorweisen können. Beim SEM verweist man darauf, dass auch das türkische Recht nur eine Ausreise mit gültigem Pass erlaube.
Deutschland kommt Opfern entgegen
Die Erdbebenopfer, die Schutz bei ihren Verwandten im europäischen Ausland suchen, müssen zusätzlich ihre Absicht erklären, vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Visums den Schengenraum wieder zu verlassen. Deutschland hat bereits reagiert und mitgeteilt, im Rahmen des Visumverfahrens «die schwierige humanitäre Situation vor Ort» berücksichtigen zu wollen.
Bisher hat der Bund keine Signale ausgesendet, Menschen aus der Krisenregion vorübergehend aufnehmen zu wollen. Klar ist nur: Als Asylbewerber hätten die Erdbebenopfer aus der Türkei und Syrien wenig Erfolgsaussichten. Der Bundesrat stellte bisher klar, dass er Naturkatastrophen als Folge des Klimawandels nicht als Asylgrund anerkennen will.