Bei seiner ersten Sitzung des Jahres am 6. Januar lastet grosse Verantwortung auf dem Bundesrat. Alle Augen sind auf Bern gerichtet. In der Corona-Krise stehen entscheidende Wochen an. Der Druck auf die Landesregierung steigt, entsprechende Massnahmen zu ergreifen.
In einem gemeinsamen Brief haben jetzt die Grünliberale Partei und die Grünen den Bundesrat zu noch schärfere Massnahmen im Kampf gegen die Pandemie aufgerufen. Statt Lockerungen seien jetzt «weitergehende Massnahmen» nötig, heisst es im Schreiben an den Bundesrat, das der «SonntagsZeitung» vorliegt und Grünen-Präsident Balthasar Glättli (48) heute Morgen veröffentlicht hat.
SVP im Corona-Alleingang
Die SVP ist mittlerweile die einzige Partei verblieben, die noch weitgehende Lockerungen fordert. Die Partei will, dass Restaurants sowie Sport-, Freizeit- und Kulturbetriebe sofort wieder öffnen können, während der Bundesrat systematische Grenzkontrollen mit Covid-19-Schnelltests einführen soll.
Im Gespräch mit dem «SonntagsBlick» sagt der neue Bundespräsident Guy Parmelin (61), der Bundesrat diskutiere «viel und lange», funktioniere aber «als Team». Er stehe keinesfalls unter Druck seiner eigenen Partei. Die Parteien, auch seine SVP, würden «ihre Rolle spielen».
Dieser Entspannungspolitik stehen andere Parteien skeptisch gegenüber. Sie verlangen schärfere Massnahmen. Grünen-Präsident Balthasar Glättli (48) sagte der «SonntagsZeitung»: «Es braucht einem temporären starken Shutdown». Jürg Grossen (51), Präsident der Grünliberalen, ist überdies für Fernunterricht an überobligatorischen Schulen. Grossen würde es als «grob fahrlässig» erachten, «wenn die Politik die Warnungen der Wissenschaft ein drittes Mal unterschätzt».
Produktives Homeoffice
Während es die Mittepartei CVP zunächst bei einem unverfänglichen Unterstützen der vom Bundesrat beschlossenen Sofortmassnahmen belässt, wird die Polit-Allianz der Grünliberalen und Grünen auch von der SP unterstützt. Gefordert wird die Einführung einer Homeoffice-Pflicht und, falls nötig, die erneute Schliessung von Geschäften.
Dies, während Umfragen der Fachhochschule Nordwestschweiz und des Berner Forschungsinstituts GfS zeigen, dass Schweizer im Homeoffice produktiver sind. Gemäss einer Auswertung der «NZZ am Sonntag» finden 60 Prozent der Befragten, Homeoffice reduziere Stress bei der Arbeit. 60 Prozent geben an, daheim produktiver arbeiten zu können.
Offenbar sind Lockerungen auch für die FDP nicht länger ein Thema. Die Zeitung zitiert FDP-Ständerat Damian Müller (36): «Es ist naheliegend, dass die Fallzahlen in zwei Wochen steigen werden, weil sich über die Festtage viele angesteckt haben. Deshalb sollte der Bundesrat am kommenden Mittwoch auch keine Lockerungen beschliessen.» (kes)