Beim Ausbruch des Coronavirus hatte Bundesrat Alain Berset (49) die Pandemie als Marathon bezeichnet. Dass die Krise noch Ende 2021 andauert, das hätte Berset «nicht gedacht», so der Bundesrat im Gespräch mit Tamedia-Zeitungen. Er sei «zuversichtlich, dass bald das Ende erreicht ist, aber es braucht noch einmal Engagement».
Zufrieden sei er mit der Durchimpfungsrate, doch die kalte Jahreszeit könne die Lage nochmals «schwierig» machen. Dabei dränge sich keine Booster-Impfung für Jüngere auf. Der Impfschutz in der jüngeren Bevölkerung sei bisher nicht gesunken. Dass es mehr Impfdurchbrüche gebe, erklärt Berset mit mehr Geimpften. Daher steige auch ihr Anteil bei den Hospitalisierungen stärker.
Wenn der Schutz für Geimpfte hoch bleibe, erwäge der Bundesrat laut Berset eine Verlängerung des Covid-Zertifikats, etwa von 12 auf 18 Monate. Die ersten Zertifikate laufen im Januar aus. Bis dahin bleibe genügend Zeit, um aufgrund von Fakten und Evidenzen zu entscheiden. Berset betont, der Bundesrat werde die Zertifikatspflicht keinesfalls länger als nötig aufrechterhalten. «Darum ist es so wichtig», sagt Berset, «dass sich noch mehr Menschen impfen lassen.»
Hoffen auf Rückkehr zur normalen Debattenkultur
Die Schweiz befinde sich bei weitem nicht mehr in der Lage wie vor zehn Monaten, als Restaurants, Kinos, Theater, fast alles bis auf Lebensmittelläden geschlossen war. Daher gebe es bald wohl auch weitere Erleichterungen, etwas das neue Zertifikat für Personen mit positivem Antikörpertest. Noch nicht äussern will sich Berset zur Frage, ob die Zertifikatspflicht weiterhin überall gelten soll. Darüber will die Landesregierung Mitte November entscheiden.
Trotz viel Gegenwind im Land: Proteste von Skeptikern und Massnahmengegnern will Berset nicht überbewerten. Er sei «viel unterwegs und komme mit vielen Menschen in Kontakt. Ich spüre da grosse Unterstützung für Bundesrat und Parlament. Die ist nicht so laut wie die Proteste, aber doch sehr breit.»
Berset betont, dass man in der Schweiz immer einen Sinn für harte, aber faire Debatten gehabt habe. Jetzt sei die Regierung vielfach Drohungen und Hass ausgesetzt: «Mein Eindruck ist, dass in dieser Krise der Anstand teilweise vergessen ging. Allerdings nur bei einer kleinen Minderheit. Das lässt mich hoffen, dass wir irgendwann zu einer normalen Debattenkultur zurückkehren.» (kes)