Neues Strafrecht ab 1. Juli – Funiciello kritisiert Kantone
Es gibt zu wenige Pflichtkurse für Sexual-Täter

Am 1. Juli tritt das neue Sexualstrafrecht in Kraft. Unter anderem sollen verdächtigte Sexualstraftäter neu Lernprogramme besuchen müssen. Hier sind die Vorbereitungen der Kantone aber noch kaum angelaufen.
Publiziert: 11.06.2024 um 00:02 Uhr
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Aktualisiert: 11.06.2024 um 10:06 Uhr
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Vergangenen Sommer ist das neue Sexualstrafrecht beschlossen worden. Am 1. Juli tritt es in Kraft.
Foto: keystone-sda.ch
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Céline ZahnoRedaktorin Politik

Nein heisst nein. Das ist der Kern des Sexualstrafrechts, das vergangenes Jahr beschlossen wurde. Neu braucht es keine Nötigung des Täters mehr, damit juristisch eine Vergewaltigung vorliegt. Es reicht, wenn das Opfer mit Worten, Gesten oder durch Erstarren ausgedrückt hat, dass es mit der Handlung nicht einverstanden ist.

Diese Änderung hat hohe Wellen geschlagen. Es gibt aber noch ein zweites zentrales Element des neuen Gesetzes: Der Fokus soll stärker auf die Täter gelegt werden. Verdächtigte Sexualstraftäter können neu in Lernprogramme geschickt werden. Damit soll verhindert werden, dass sie zu Wiederholungstätern werden.

Die SP feierte die Reform als historischen Erfolg für die Frauen. Nun zeigt sich: Vielleicht haben sie sich zu früh gefreut. Das Gesetz sollte am 1. Juli in Kraft treten. Aber nach reichlicher Vorbereitungszeit hinken viele Kantone mit der Umsetzung hinterher.

Es scheitert an den Lernprogrammen

Die Kantone beteuern zwar, dass sich Staatsanwaltschaft und Polizei intensiv auf die Gesetzesrevision vorbereitet zu haben. Genannt werden Weiterbildungen, Schulungen oder E-Learnings.

Ein verstärkter Fokus auf die Täter wird es aber wohl auch nach Eintritt des Gesetzes am 1. Juli nicht geben. Die Kantone waren beauftragt, entsprechende Lernprogramme für verdächtigte Täter aufzugleisen. Und hier hapert es. Im Aargau etwa befinde sich das Programm erst im Aufbau, heisst es bei der Oberstaatsanwaltschaft.

In den Kantonen Basel-Stadt und Basel-Landschaft laufen im Moment noch Diskussionen, wie ein gemeinsames Lernprogramm ausgestaltet werden könnte. Auch in Bern ist derzeit noch unklar, welche Stelle damit beauftragt wird, die Lernprogramme durchzuführen, heisst es auf Anfrage von Blick.

Uri schickt Täter in andere Kantone

Der Kanton Uri zieht sogar in Betracht, sexuelle Gewalttäter dereinst in die Lernprogramme anderer Kantone zu schicken. Aber ob und wann das geschieht, ist ebenfalls noch unklar. Abklärungen für andere Optionen hat man im Voraus also keine getroffen.

Immerhin: Bei der Staatskanzlei Schaffhausen scheint es einen klaren Handlungsplan zu geben. Der Kanton verweist auf die Fachstelle «Konflikt.Gewalt», die seit vergangenem Sommer Pflichtberatungen im Auftrag der Staatsanwaltschaft durchführt.

«Die Kantone sind verpflichtet»

Für die Berner SP-Nationalrätin Tamara Funiciello (34) ist das unverständlich: «Die Kantone hatten ein ganzes Jahr Zeit, um sich auf das neue Sexualstrafrecht vorzubereiten.» Hier gäbe es für die Kantone keinen Spielraum: «Das steht im Strafgesetzbuch. Die Kantone sind verpflichtet, entsprechende Lernprogramme fristgemäss aufzugleisen und umzusetzen.»

Einige Mitglieder der SP Frauen haben vergangene Woche kantonale Vorstösse eingereicht, um die Umsetzung des Sexualstrafrechts in den Kantonen zu überprüfen. Es müsse in allen Kantonen das gleiche Recht gelten, heisst es bei den kantonalen SP-Politikerinnen. Das dürfte aber nicht der Knackpunkt sein: Stand jetzt jedenfalls kommt die Umsetzung der Lernprogramme in vielen Kantonen genau gleich holprig voran.

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