«Via Sicura» – sicherer Weg – heisst das Massnahmenpaket, das vor rund zehn Jahren in Kraft getreten ist. Die Politik machte damit die Schweizer Strassen sicherer und reduzierte die Zahl von Verletzten und Todesopfern. Das war nötig. Anfang der Nullerjahre passierten zahlreiche, schwere Unfälle.
Es war die Zeit, in der die Autohersteller immer stärkere Motoren in die Fahrzeuge einbauten. Wer wollte, konnte plötzlich mit bis zu 400 PS unterwegs sein. Und: Dank Leasing konnte plötzlich fast jeder zuvor unerschwingliche Luxusautos finanzieren.
Eine der strengsten Regelungen weltweit
Mit den Massnahmen hat das Parlament auch das Strassenverkehrsgesetz (SVG) verschärft und einen neuen Rasertatbestand geschaffen. Seit 2013 gilt als Raser, wer gewisse Höchstgeschwindigkeiten überschreitet, waghalsig überholt oder an einem unbewilligten Autorennen teilnimmt. Die Strafen sind happig. Wer erwischt wird, dem droht eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr. Den Führerausweis sind Raser für zwei Jahre los.
Damit hat die Schweiz eine der strengsten Regelungen weltweit. Das war dem Parlament zu drakonisch. Obwohl die neuen Gesetze nachweislich griffen: 2019 gab es erstmals weniger als 200 Verkehrstote. Zehn Jahre zuvor waren es noch 349, im Jahr 2000 gar 592 gewesen.
Das Parlament krebste zurück
Trotzdem: Anfang 2022 beschlossen National- und Ständerat, die Mindeststrafe aus dem Gesetz zu streichen und den Führerausweisentzug auf zwölf Monate zu reduzieren. Nicht jeder, der zu schnell fährt, sei ein Raser, hiess es. Die Gegenseite sprach von einem Sieg der Autolobby und dass man dem Rasertatbestand damit die Zähne ziehen würde.
Die Stiftung Roadcross, die sich für Unfallopfer einsetzt, drohte mit dem Referendum, sollte die Mindeststrafe gestrichen werden. Mit Erfolg: Ein knappes Jahr später krebste das Parlament zurück. Die Mindeststrafe bleibt, Gerichte können ab dem 1. Oktober aber auch milder urteilen, also beispielsweise nur eine (bedingte) Geldstrafe aussprechen. Voraussetzung ist, dass der Angeklagte aus «achtenswerten Beweggründen» gehandelt hat oder im Strassenverkehr vorher noch nicht straffällig geworden ist.
Die Raser-Kontroverse
Für Roadcross ist klar: «Die Justiz hat uns versichert, dass es keinesfalls darum gehe, Raserei in Zukunft weniger hart zu bestrafen. Kommt es nun aber entgegen diesen Beteuerungen vermehrt zu laschen Urteilen und werden die Ausnahmen zur Regel, werden wir uns mit politischen Vorstössen dagegen wehren.»