Raser sollen doch nicht so leicht davonkommen. Die Verkehrspolitikerinnen und -politiker des Nationalrats haben den Entscheid des Parlaments noch einmal überdacht, den Raser-Artikel massiv abzuschwächen. Zu gross war die Angst, an der Urne zu unterliegen.
Ausgeheckt hat den Kompromiss, der nun zur Debatte steht, ausgerechnet ein SVPler: der Solothurner Nationalrat und Töff-Fan Walter Wobmann (64). «Die Situation war verfahren», erklärt er. Die Lockerung der Raser-Strafen ist Teil einer grösseren Revision des Strassenverkehrsgesetzes. Ein Nein zum Raser-Artikel hätte bedeutet, dass auch alle anderen Änderungen bachab gegangen wären. Das habe er nicht riskieren wollen, sagt Wobmann. «Ich hatte das Gefühl, man müsse im Sinne der Sache etwas machen.» Das sahen auch die anderen Kommissionsmitglieder mehrheitlich so – und beschlossen, auf die bereits vom Parlament gefällten Entscheide nochmals zurückzukommen.
Referendum hätte Chancen gehabt
Die späte Einsicht kommt nicht von ungefähr: Die Stiftung Roadcross hatte angekündigt, die Lockerung der Strafen für Raser vors Volk zu bringen. Im Bundeshaus merkt man plötzlich: Ein Referendum könnte Chancen haben – und das Risiko einer Abstimmungs-Blamage will die Kommission nicht riskieren.
Die Grünen-Nationalrätin Marionna Schlatter (41) freut sich über die Kehrtwende in letzter Minute. Sie war nie eine Anhängerin der Lockerungen: «Gut, sind die Bürgerlichen noch zur Besinnung gekommen!», findet sie. «Nur schade, dass es dafür eine Referendumsdrohung gebraucht hat.»
«Verfahren gewinnt keinen Schönheitspreis»
Dass man an einer Vorlage noch einmal herumdoktert, die eigentlich schon beschlossen ist, ist aussergewöhnlich. Der SPler Jon Pult (37), der Präsident der nationalrätlichen Verkehrskommission, sagt dazu: «Das Verfahren gewinnt sicher keinen Schönheitspreis.» Wichtig sei aber, dass man am Schluss eine mehrheitsfähige Lösung auf dem Tisch habe.
Das sieht seine SP-Kollegin Gabriela Suter (49) auch so. Sie spricht von einer «erfreulichen Entwicklung» und sagt, sie hoffe, dass so ein Referendum gegen die ganze Revision des Strassenverkehrgesetzes verhindert werden kann.
Auch Kritik
Mit dem Kompromiss leben können aus diesem Grund auch FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen (40) und Mitte-Parlamentarier Martin Candinas (41). Der Bündner unterstütze das Vorgehen der Kommission, wenn man so Roadcross ins Boot holen und «nicht unnötigerweise das Volk bemühen» müsse. Der Vorschlag Wobmanns stösst insbesondere auf Anerkennung, weil Richter einen gewissen Spielraum erhalten.
Nur zähneknirschend nimmt derweil SVP-Nationalrat Benjamin Giezendanner (40) den von seinem Parteikollegen ausgehandelten Kompromiss hin. «Ich finde eine solche nachträgliche Kehrtwende eher unglücklich. Grundsätzlich widerstrebt es mir, dem Druck eines möglichen Referendums einfach nachzugeben.»
Wobmann zuversichtlich
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Die Nationalratsmitglieder hoffen, dass nun auch die Verkehrskommission des Ständerats auf den Kompromiss einschwenkt. Auch sie müssen das Rückkommen gutheissen. Wobmann ist zuversichtlich, das das klappt: «Noch habe ich keine Gespräche geführt. Aber ich könnte mir vorstellen, dass der Ständerat auf die Lösung einschwenken wird.»