Wer hat das Sagen? Diese Frage beschäftigt die Politik seit jeher – und insbesondere die SP, die sich als Partei der Gleichstellung versteht.
An ihrem letzten Parteitag am Dienstag hat sich die SP Zürich durchgerungen, die Frauenquote auf ihren Wahllisten abzuschaffen und stutzte den Gleichstellungsartikel der Partei. Sie setzt sich nun nicht mehr wie bis anhin für die «Gleichstellung der Geschlechter» ein, stattdessen für die «Beseitigung von strukturellen Diskriminierungen». Das berichtet die «NZZ» in ihrer neusten Ausgabe. Damit sollen auch Menschen, die sich weder als Mann noch als Frau identifizieren, berücksichtigt werden.
Juso wollte Männer-Obergrenze
Doch dieser Schritt reichte besonders den Jungsozialisten nicht. Die Juso befürchtete wohl, dass die Männer wieder zu viel Platz einnehmen werden. Deshalb verlangten die Zürcher Jusos, in allen Gremien und auf allen SP-Listen eine ausdrückliche Obergrenze von 50 Prozent für sogenannte Cis-Männer – Männer, die sich mit dem von aussen zugeschriebenen Geschlecht identifizieren.
Doch das war wiederum der SP-Leitung unter Co-Präsidentin Priska Seiler Graf (54) zu streng. Man einigte sich daraufhin, dass die SP künftig überall mindestens zur Hälfte durch sogenannte Finta-Personen repräsentiert wird. Finta steht für Frauen, Intersexuelle, Nicht-Binäre, trans sowie sogenannte Agender-Personen, also Menschen, die sich explizit ohne Geschlecht fühlen.
Allerdings sorgte auch diese Regelung für Diskussionen. Insbesondere in den ländlichen Gebieten befürchtet man, diese Vorgabe nicht erfüllen zu können.
Ausnahme für ländliche Region
Der Bülacher Bezirksparteipräsident Philipp Flach gab am Parteitag zu bedenken, dass die Welt abseits der grossen Städte «ein wenig eine andere» sei. Die neuen Regeln könnten für die Partei dort, wo es ein Gemeindeparlament gebe, zum Problem werden, sagte er. Die Sektion der Agglomerationsgemeinde Opfikon etwa habe nur gerade 36 Mitglieder, aber 36 Listenplätze zu besetzen.
Anders gesagt: Die SP-Sektionen, die eine Wahlliste für das örtliche Parlament füllen müssen, können nicht so wählerisch sein, weil sie schlicht zu wenig Personal dafür haben.
Die SP-Mitglieder zeigten Verständnis für den Einwand aus Bülach. Die Mehrheit der Anwesenden sprach sich für eine Spezialreglung für die Zürcher Landgemeinden aus: Bei Wahlen fürs Gemeindeparlament müssen diese die Quote nur für die vorderen, aussichtsreichen Listenplätze erfüllen. Als Listenfüller auf den hinteren Plätzen bleibt etwa eine Männer-Mehrheit erlaubt. (sie)