Auf einen Blick
- Raser können seit Oktober 2023 weniger hart bestraft werden
- Bundesgericht bestätigt mildere Strafen auch für Neu- und Junglenker
- Töfffahrer überschritt Tempo 80 um 66 km/h, erhielt Geldstrafe
Seit Oktober 2023 können Raser weniger hart bestraft werden. Wer während der letzten zehn Jahre kein schweres Strassenverkehrsdelikt begangen hat, dem droht nicht mehr zwingend eine (bedingte) Freiheitsstrafe. Er kann auch mit einer blossen Geldstrafe davonkommen. Der Beobachter hat darüber berichtet. Das Bundesgericht hat sich zum ersten Mal mit der neuen Regelung befasst und sie grosszügig ausgelegt.
Im Kanton Genf überschritt ein Töfffahrer die signalisierte Höchstgeschwindigkeit von Tempo 80 um 66 Kilometer pro Stunde. Er wurde wegen Rasens verurteilt, und das erstinstanzliche Gericht brummte ihm im April 2023 eine bedingte Gefängnisstrafe von zwölf Monaten auf.
Vom neuen Raserartikel profitiert
Damit war der Töfffahrer nicht einverstanden. Er legte ein Rechtsmittel ein. Und er hatte Glück: Weil der neue Raserartikel zwischenzeitlich in Kraft getreten war, wandelte das Genfer Kantonsgericht die Strafe um. Der Raser kassierte nun keine bedingte Freiheitsstrafe mehr, sondern nur noch eine bedingte Geldstrafe von 180 Tagessätzen.
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Die zweite Instanz begründete ihr Urteil damit, dass keine anderen Verkehrsteilnehmenden in der Nähe waren, gute Bedingungen herrschten, der Verurteilte später sein Motorrad verkaufte und seinen Führerausweis, den er seit 2020 hatte, freiwillig hinterlegte.
Die Staatsanwaltschaft war mit dem Urteil nicht einverstanden und zog es weiter. Für sie war klar: Eine Geldstrafe könne nur dann in Frage kommen, wenn sich jemand tatsächlich während zehn Jahren tadellos verhalten habe. Der Fahrer habe seinen Ausweis aber erst seit zwei Jahren gehabt, deshalb sei die neue Regelung gar nicht anwendbar.
Das Bundesgericht sah das anders. Es bestätigte die Geldstrafe. Ziel der neuen Regelung sei es gewesen, den Richterinnen bei Raserdelikten einen grösseren Ermessensspielraum zu geben. Dieser soll auch Neu- und Junglenkern zugutekommen.
«Sehr besorgniserregend»
Für die Stiftung Roadcross, die sich für Verkehrssicherheit einsetzt, ist der jüngste Entscheid des Bundesgerichts brandgefährlich. «Die Regelung auf Junglenker anzuwenden, gleicht einem Freifahrtschein für Raserei», sagt Stiftungsratspräsident Willi Wismer. Die Milde gegenüber dieser Gruppe, die statistisch am häufigsten Raserdelikte begehe, sei absolut unverständlich.
In der Vergangenheit habe sich gezeigt, dass man mit härteren Regeln viel erreichen könne. Als 2014 etwa die Null-Promille-Regel für Neulenker eingeführt worden sei, habe sich die Zahl der Autounfälle im Zusammenhang mit Alkohol halbiert. «Es ist besorgniserregend, dass künftig womöglich alle Ersttäter lediglich mit einem Strafbefehl und einer Geldstrafe davonkommen könnten.»