Roadcross-Präsident Willi Wismer (60) warnt
«Solche Urteile machen Rasen zu einem Kavaliersdelikt»

Roadcross warnt vor zu milder Bestrafung von Rasern. Nach einem Bundesgerichtsurteil sieht die Opferhilfeorganisation ihre Befürchtungen bestätigt, erklärt Präsident Willi Wismer im Gepräch mit Blick.
Publiziert: 14.10.2024 um 20:27 Uhr
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Aktualisiert: 14.10.2024 um 22:10 Uhr
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Ein Raser war mit 188 km/h statt 100 unterwegs – trotzdem erhielt er keine bedingte Gefängnisstrafe.
Foto: Philippe Rossier

Auf einen Blick

  • Raser fuhr 188 km/h statt erlaubter 100 km/h
  • Roadcross kritisiert zu milde Strafe
  • Urteil des Bundesgerichts bestätigt Befürchtungen der Opferhilfeorganisation
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Christian KolbeRedaktor Wirtschaft

Schon während der parlamentarischen Debatte vor zwei Jahren hatte Roadcross vor zu viel Milde für Raser gewarnt – gerade auch für Ersttäter. Nun scheinen sich die Befürchtungen der Opferhilfeorganisation nach dem Bundesgerichtsurteil zu bestätigen, wie Willi Wismer (60), Präsident von Roadcross, im Gespräch mit Blick sagt.

Blick: Mit so einem Urteil musste man nach der Anpassung des Gesetzes rechnen?
Willi Wismer:
Ja, wobei das Bundesgericht nur die Interpretation des Tessiner Appellationsgerichts geschützt hat. Den Fehler hat in unseren Augen diese Instanz gemacht. Es ist nicht einzusehen, warum jemand, der mit 188 km/h statt 100 unterwegs ist, nicht zu einer bedingten Gefängnisstrafe verurteilt wird.

Aber der Fahrer war ein Ersttäter, da haben die Gerichte mehr Ermessensspielraum.
Richtig. Grundsätzlich kann man einen Ersttäter milder bestrafen. Diese Möglichkeit soll aber nur in Ausnahmefällen angewendet werden, um Härtefälle zu vermeiden. Wenn jemand mit 88 km/h zu schnell über die Autobahn rast, dann ist dies für uns kein Härtefall. Die Übertretung wurde bewusst begangen und gehört aus unserer Sicht auch hart bestraft.

Geht dadurch die abschreckende Wirkung verloren?
Den Ausweis muss der Raser so oder so abgeben. Aber es macht einen grossen Unterschied, ob einem Raser Gefängnis droht – oder er mit einer bedingten Geldstrafe davonkommt. Da nützt es wenig, wenn das Gericht die Busse von 500 auf 1000 Franken erhöht. Solche Urteile machen Rasen zu einem Kavaliersdelikt.

Werden Verkehrssünder generell sanfter angefasst?
Dieses Urteil ist definitiv zu sanft. Aber um die allgemeine Entwicklung beurteilen zu können, fehlen uns noch mehr Daten. Aber gerne erläutere ich dies anhand eines anderen Beispiels: das Rechtsvorbeifahren im Kolonnenverkehr auf der Autobahn. Es ist offensichtlich, dass sich die Autofahrenden weniger an das Verbot des Rechtsüberholens halten, da einige den Gesetzesartikel offensichtlich falsch verstanden haben und die Sanktionen geringer als früher ausfallen, als der Ausweis entzogen wurde.

Das Parlament hat den grösseren Spielraum bei Raserurteilen beschlossen. Planen sie etwas dagegen zu unternehmen?
So ein Urteil können wir nicht akzeptieren. Wir werden dieses genau analysieren und schauen, ob weitere Urteile in dieser Richtung folgen. Wäre das der Fall, könnten wir uns eine Volksinitiative gegen die Raserei oder andere parlamentarische Vorstösse überlegen. Es geht ja nicht nur um die Raser. Es geht auch um den Respekt vor den Opfern. Dieses Urteil ist ein Affront gegenüber den Betroffenen.

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