Nato oder Neutralität?
SVP wegen Ukraine-Krieg in der Bredouille

Mit dem Ukraine-Krieg ist plötzlich vieles anders. Zwar ist der SVP die Schweizer Neutralität nach wie vor heilig. Gleichzeitig mehren sich die Stimmen, die eine Annäherung an die Nato suchen – ein Widerspruch.
Publiziert: 10.04.2022 um 18:07 Uhr
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Aktualisiert: 10.04.2022 um 18:44 Uhr
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Mit der Übernahme der EU-Sanktionen gegen Russland habe der Bundesrat die Neutralität der Schweiz aufgegeben, wetterte Nationalrat Roger Köppel vor den SVP-Delegierten in Chur.
Foto: Keystone

Der Ukraine-Krieg bringt die SVP in die Bredouille. So schiesst sie einerseits aus allen Rohren gegen die Russland-Sanktionen. Mit deren Übernahme habe der Bundesrat die Neutralität der Schweiz aufgegeben, polterte Nationalrat Roger Köppel (57) vor den SVP-Delegierten in Chur. Mit grossem Mehr verabschiedeten diese am Samstag eine Resolution zur Wahrung der bewaffneten Neutralität.

Doch die Medaille hat auch eine Kehrseite. Auf sich alleine gestellt, stünde die Schweiz im Kriegsfall wohl auf verlorenem Posten. Das ist auch SVP-Sicherheitspolitikern klar. Sie unterstützen daher den Vorschlag von FDP-Präsident Thierry Burkart (46) für eine Annäherung an die Nato. Denn: «Gegen Mittelstrecken- oder Interkontinentalraketen können wir uns unmöglich allein schützen.» Kooperationen sind also nötig. Und das schon in Friedenszeiten.

«Wir müssen viel enger mit der Nato zusammenarbeiten»
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FDP-Präsident Thierry Burkart:«Wir müssen viel enger mit der Nato zusammenarbeiten»

Alleine wäre die Schweiz praktisch ungeschützt

Daher zeigen sich auch SVP-Politiker plötzlich nicht mehr abgeneigt, die Zusammenarbeit mit dem westlichen Verteidigungsbündnis zu erweitern. «Gegen satellitengestützte Raketen aus grosser Höhe sind wir ungeschützt», sagt SVP-Ständerat Werner Salzmann (59) zur «Sonntagszeitung».

Der Berner Ständerat nennt etwa die Möglichkeit eines Rahmenvertrags mit der Nato zum Schutz vor weitreichenden Raketen. Auch der neue Kampfjet F-35 würde sein volles Potenzial erst im Verbund mit anderen Nationen entfalten.

Selbst wenn jeweils der Zusatz genannt wird, die Schweiz müsse ihre Neutralität wahren – auch SVP-Nationalrat Franz Grüter (58) hält eine noch engere Zusammenarbeit mit der Nato aus sicherheitspolitischer Sicht für sinnvoll.

Schon heute finde ja in verschiedenen Bereichen ein regelmässiger Austausch statt, ergänzt der Präsident der aussenpolitischen Kommission des Nationalrats gegenüber Blick – im Rahmen der Partnerschaft für den Frieden. Nur: Eine weitere Annäherung steht im Widerspruch zur absoluten Souveränität der Schweiz.

Blocher wehrt sich gegen Kooperationen

Zu ganz anderen Schlüssen kommt denn auch SVP-Chefstratege Christoph Blocher (81). Schon nur von einer Annäherung an die Nato will er im grossen Blick-Interview nichts wissen: «Die Neutralität schützt die Schweiz seit 200 Jahren vor Krieg. Daran müssen wir festhalten.»

Selbst bisherige Kooperationen gehen dem ehemaligen Bundesrat zu weit. «Wir beteiligen uns an der Partnerschaft für den Frieden bei der Nato. Das hat dazu geführt, dass wir unsere Armee stark abgebaut haben», sagt Blocher.

Dabei dürfe sich die Schweiz für den Notfall nicht auf mögliche Bündnispartner verlassen. «Sind Sie sicher, dass uns Frankreich oder Deutschland tatsächlich zu Hilfe eilen würden? Man sollte sich hier keine Illusionen machen», sagt er. «Die haben wir uns auch im Zweiten Weltkrieg nicht gemacht. Wir wussten, dass wir überrannt würden bei einem Angriff der Nazis. Aber wir hätten uns ins Réduit zurückgezogen und maximalen Widerstand geleistet.»

Die absolute Neutralität oder doch mehr Nato? Der Ukraine-Krieg hat viele scheinbare Gewissheiten infrage gestellt. Auch die SVP scheint noch auf der Suche nach ihrem Weg zu sein. (dba)

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