Dieser Artikel wurde vor Bekanntwerden der Wahlpanne des Bundesamts für Statistik erstellt. (red.)
Schluss mit Asyl-Chaos, begrenzte Zuwanderung, keine EU-Anbindung und Erhalt der Neutralität – nach dem Wahlsonntag erteilt sich die SVP den Wählerauftrag gleich selber: «Wir werden weiterhin mit allen Mitteln gegen die für die Schweiz und die Bevölkerung schädliche links-grüne Politik ankämpfen!»
Die Partei hat im Wahlkampf alles auf eine Karte gesetzt – und gewonnen. Sie legt gleich um satte 3,0 Prozentpunkte auf einen Wähleranteil von 28,6 Prozent zu. Damit kommt sie ihrem Rekordergebnis von 2015 sehr nahe. Damals erreichte die SVP 29,4 Prozent, ehe sie bei der Klima-Wahl 2019 auf 25,6 Prozent absackte und gleich 11 Sitze verlor.
Seither aber ist die Öko-Welle stark abgeflacht. Und die SVP hat einen Grossteil ihrer Verluste wieder wettmachen können. 9 Nationalratssitze kann sie hinzugewinnen und kommt neu auf 62 Mandate. Die SVP ist die unumstrittene Wahlsiegerin.
Die SVP hat sich im Wahlkampf einzig und allein auf das Thema Migration konzentriert. «Sie hat besser mobilisiert als 2019», kommentiert Politologe Claude Longchamp. «Die SVP hat das Asylthema jeden Tag gepusht und nun davon profitiert.» Die Strategie hat eindeutig verfangen, bei einer Bevölkerung, die von globalen Dauerkrisen verunsichert ist. Das zeigte sich nicht nur in der Schweiz. Europaweit konnten in den letzten Monaten rechte Parteien zulegen.
«Es ist eine Schlappe, das kann man nicht schönreden»
Im Jammertal stecken dagegen die Grünen. Nach ihrem historischen Sieg 2019 verlieren sie nun 3,8 Prozentpunkte und kommen noch auf einen Wähleranteil von 9,4 Prozent. «Ein rabenschwarzer Tag für die Grünen», so Longchamp. Vor vier Jahren herrschte noch Aufbruchstimmung. Doch damit ist Schluss. Das hat auch konkrete Folgen im Nationalrat: Die Grünen verlieren gleich 5 ihrer 28 Sitze.
Und das Öko-Lager muss noch mehr Federn lassen. Auch die Grünliberalen hatten sich lange mehr erhofft, wurden sie in den Wahlumfragen doch lange zu den Siegern gezählt, bis sich vor einigen Monaten das Blatt wendete. Jetzt gehören sie zu den Wahlverlierern – wenn auch nicht so stark wie die Grünen. Sie büssen 0,6 Prozentpunkte ein und kommen noch auf 7,2 Prozent.
Konkret verliert die GLP sogar 6 ihrer bisher 16 Nationalratssitze, fast so viele wie die Grünen. Zusammen verlieren die Öko-Parteien 11 Sitze – rund die Hälfte jener Sitze, die sie bei der Klima-Wahl 2019 hinzugewonnen hatten. Massnahmen für mehr Klimaschutz werden es damit in den kommenden vier Jahren im Parlament nicht einfacher haben. Und: Die beiden Parteien können sich damit für längere Zeit von ihren Bundesrats-Träumen verabschieden. Auch wenn Grünen-Fraktionschefin Aline Trede (40) davon nichts wissen will.
Die Verluste im links-grünen Lager kann auch die SP nicht kompensieren. Und das, obwohl sich die Genossen über einen kleinen Zuwachs von 1,1 Prozentpunkten auf einen Wähleranteil von 17,9 Prozent freuen dürfen. Damit legen sie um 2 auf 41 Nationalratssitze zu. Ein kleiner Trost.
«Mir macht der Rechtsrutsch grosse Sorgen», sagt denn auch SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer (35) in der Elefantenrunde auf Blick TV. Es brauche neue Rezepte gegen den Klimawandel und die sinkende Kaufkraft. Auch Balthasar Glättli (51) kann über die Niederlage nicht hinwegtäuschen. «Ich mache mir massive Sorgen», sagt der Grünen-Präsident. «Es ist eine Schlappe, das kann man nicht schönreden.»
«Die Zauberformel hat ausgedient»
Für Spannung sorgte am Sonntag auch das Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen FDP und Mitte. So legt die Mitte um 0,8 Prozentpunkte zu und kommt neu auf einen Wähleranteil von 14,6 Prozent. Damit überholt sie erstmals die FDP, die 0,5 Prozentpunkte verliert und auf noch 14,4 Prozent kommt.
Das schlägt sich auch bei den Sitzzahlen nieder. So kann die Mitte im Nationalrat einen Sitz zulegen und kommt neu auf 29 Mandate, während die FDP einen Sitz verliert und noch auf 28 kommt.
Der zweite FDP-Bundesratssitz dürfte damit nicht weniger wackeln. Auch wenn die Spitzen der Bürgerlichen von einer Abwahl bisher nichts wissen wollten. Sie sind an Stabilität interessiert. Anders als das links-grüne Lager, für das die derzeitige Zauberformel mit dem Schwächeln der FDP ausgedient hat. Vorerst aber dürfte dieses bei den Bundesratswahlen wenig zu bestellen haben.