Ständerat rutscht im Herbst nach rechts
Die FDP steht vor einer Sensation

Noch sind es Prognosen, doch mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit: Bei den Wahlen im Oktober dürfte die FDP die Mitte überholen und stärkste Kraft im Ständerat werden. SVP und Rot-Grün werden wohl verlieren – mit Folgen.
Publiziert: 31.08.2023 um 10:16 Uhr
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Aktualisiert: 31.08.2023 um 11:01 Uhr
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FDP-Präsident Thierry Burkart und Bundesrätin Karin Keller-Sutter haben gut lachen.
Foto: Keystone

Bislang sahen die Prognosen für die FDP eher düster aus. Sämtliche Umfragen der vergangenen Monate sahen den Freisinn vor den Parlamentswahlen vom 22. Oktober auf der Verliererstrasse. Parteipräsident Thierry Burkart (48) und sein Team könnten in der Wählergunst sogar hinter die Mitte-Partei fallen. Der FDP könnte der Verlust eines ihrer beiden Bundesratssitze drohen.

Das ist aber nur die eine Seite der Medaille. Denn auf der anderen Seite winken der FDP im Ständerat gleich mehrere Sitzgewinne. Weil gleichzeitig das links-grüne Lager mit Sitzverlusten rechnen muss, wird im 46-köpfigen Stöckli ein Rechtsrutsch absehbar. Das zeigen Berechnungen des «Tages-Anzeigers».

FDP winkt der Wahlsieg

Bemerkenswert: Die FDP dürfte im Ständerat sogar die Mitte-Partei überholen, die seit Jahrzehnten stärkste Kraft im Stöckli ist. So stehen die Chancen gut, dass sie mit Remo Ankli (50) in Solothurn, Ex-Parteipräsidentin Petra Gössi (47) in Schwyz und mit Alex Farinelli (41) im Tessin gleich drei Sitze hinzugewinnt und neu auf 15 Mandate kommt. Die FDP würde damit in der kleinen Kammer zur grossen Wahlsiegerin.

Im besten Fall könnte sie mit Jacques Gerber (50) im Jura und Philippe Nantermod im Wallis (39) sogar noch weitere Sitze gewinnen. Im Gegenzug aber wird es für Regine Sauter (57) nicht einfach werden, den bisherigen FDP-Sitz in Zürich zu verteidigen.

Die Mitte-Partei wiederum wird darauf hoffen, ihre 14 Sitze halten zu können. Während Marianne Binder (65) im Aargau und Fabio Regazzi (61) im Tessin auf einen Sitzgewinn spekulieren, droht Charles Juillard (60) im Jura, Othmar Reichmuth (59) in Schwyz und Marianne Maret (65) im Wallis wegen starker Konkurrenz die Abwahl. Die bisherige Vormachtstellung im Stöckli wird für die Partei so kaum zu halten sein.

SVP und SP drohen Verluste

Auch die SVP hat im Stöckli weiterhin einen schweren Stand. Sie könnte mit dem Rücktritt von Alex Kuprecht (65) nicht nur ihren Sitz in Schwyz verlieren. Auch für Benjamin Giezendanner (41) im Aargau und Parteipräsident Marco Chiesa (48) im Tessin wird es nicht einfach, die bisherigen SVP-Sitze zu verteidigen. Dafür könnte Gregor Rutz (50) in Zürich bestenfalls einen Sitz gewinnen. Der «Tages-Anzeiger» hat gerechnet: Der SVP droht unter dem Strich der Verlust eines ihrer bisher sieben Sitze.

Düster sieht es für die SP aus. Schon 2019 büsste sie drei ihrer damals 12 Sitze ein. Und bei den Ersatzwahlen in Freiburg und St. Gallen verlor sie während der Legislatur gleich noch mal zwei Mandate. Bleiben noch sieben. Wegen drei Rücktritten dürften nun auch noch die Sitze im Tessin und in Solothurn futsch sein. Jener in Bern ist heftig umkämpft. Dafür haben die Sozis in der Waadt einen Sitzgewinn fast schon auf sicher, ein weiterer winkt in Neuenburg. Netto dürfte die SP damit einen Sitz verlieren und noch auf sechs kommen.

Öko-Parteien haben schweren Stand

Was für ein Erdrutschsieg! Getragen von der Öko-Welle konnten die Grünen ihre Sitzzahl im Ständerat gleich von einem auf fünf steigern. Tempi passati. Ihren Waadtländer Sitz dürften sie kaum mehr verteidigen können. Die drohende Abwahl von Céline Vara (38) in Neuenburg könnte allenfalls Bernhard Pulver (58) mit einem Sitzgewinn in Bern ausgleichen. Unter dem Strich aber dürfte der Verlust eines Sitzes resultieren.

Und die Grünliberalen? Sie haben sich nicht nur einen Wähleranteil von zehn Prozent zum Ziel gesetzt, sondern auch den Wiedereinzug ins Stöckli. Dann wollen sie im Dezember auch gleich noch für einen Sitz im Bundesrat kandidieren. So weit aber wird es wohl nicht kommen. Die GLP wird im Ständerat erneut kaum Fuss fassen können. Die einzigen beiden halbwegs realistischen Kandidaturen in Bern und Zürich dürften an der starken Konkurrenz scheitern. Die GLP wird sich weiter gedulden müssen.

Noch sind das alles Prognosen – aber mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit. Treten sie ein, wird sich der Rechts-Trend im Ständerat weiter verstärken. Schon heute politisiert die kleine Kammer klar konservativer als der Nationalrat. (dba)

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