Gleich dreifach gewählt
Migros-Gründer Gottlieb Duttweiler (1888–1962) gelang 1935, was vor und nach ihm keiner schaffte: Er wurde nicht nur einmal, sondern gleich dreimal gewählt. Damals war es noch möglich, in mehreren Kantonen anzutreten. Und so holte «Dutti» für die Unabhängigen in Zürich, Bern und St. Gallen einen Sitz. Da er sich aber nicht dreiteilen konnte, musste er sich für einen Kanton entscheiden: Der Zürcher wählte Bern. Später sass er dann aber auch für Zürich im National- und im Ständerat – bevor er erneut in Bern gewählt wurde. Die Mehrfach-Wahl hatte die Schaffung einer Lex Dutti zur Folge: Seit 1939 ist es verboten, in mehr als einem Kanton für den Nationalrat zu kandidieren.
Das Los entscheidet
23'979 Stimmen holte der Tessiner CVP-Politiker Marco Romano (heute Mitte, 40) bei den Nationalratswahlen im Oktober 2011. Genau gleich viele wie seine Parteikollegin Monica Duca Widmer (64). Was nun? Für diesen seltenen Fall sieht das Gesetz vor, dass das Los entscheidet. Nachdem mehrere Beschwerden gegen eine erste elektronische Losziehung eingegangen waren, verlangte das Bundesgericht eine Wiederholung. In Anwesenheit einer Polizistin und den aufgeregten CVP-Kandidierenden zog Verkehrsdirektor Marco Borradori (62) gut einen Monat nach dem Wahlsonntag schliesslich einen Zettel mit Romanos Namen aus einem weissen Stoffbeutel. Der damals 29-Jährige war gewählt – und Duca Widmer hängte ihre Polit-Karriere an den Nagel.
Die Polit-Pendler
Seit dem Fall Dutti (siehe Punkt 1) darf man zwar nur in einem Kanton kandidieren – in welchem, ist theoretisch allerdings egal. Es gibt keine Pflicht, den Wohnsitz in dem Kanton zu haben, in dem man antritt. So vertritt Magdalena Martullo-Blocher (54), die mit ihrer Familie in Feldmeilen am Zürichsee lebt, im Nationalrat den Kanton Graubünden. Dem Ort, an dem ihre Ems Chemie den Sitz hat – und die Familie ein Ferienhaus. Auch der einstige SP-Fraktionschef und Gründer der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA), Andreas Gross (71), wohnte während eines erheblichen Teils seiner 25 Jahre im Nationalrat nicht im Kanton Zürich, den er politisch vertrat, sondern im Jura.
Mit dem Flieger nach Bern
Statt einem Gratis-GA gabs für Tim Guldimann (73) Flugtickets auf Spesen. Knapp ein halbes Jahr nach Ablauf seiner Amtszeit als Schweizer Botschafter in Berlin wählten die Zürcherinnen und Zürcher den Diplomaten 2018 für die SP in den Nationalrat. Eine Premiere! Auslandschweizer dürfen wählen und gewählt werden, doch bisher hatte Letzteres noch keiner geschafft. Nach gerade einmal drei Jahren gab Guldimann das Amt aber schon wieder ab. Er habe gemerkt, dass es problematisch sei, in einem ganz anderen Milieu zu leben, als er Politik macht, so der «Internationalrat».
Priester ausgeschlossen
Man kann nur von einer Kanzel predigen: Diese Regel galt noch bis 1999. Wurde ein Pfarrer gewählt, musste er sich zwischen dem Nationalrat und seinem Beruf entscheiden. Die entsprechende Klausel in der Verfassung bedeutete, dass katholische Priester vom Nationalrat komplett ausgeschlossen waren, weil sie ihre Weihe nicht einfach abgeben können. Reformierte mussten das Amt während der Zeit in Bern ruhen lassen. Es war Pfarrer Ernst Sieber (1927–2018), von 1991 bis 1995 Nationalrat, der einen Vorstoss einreichte, welcher schliesslich zur Abschaffung der Bestimmung führte.
Wahlkampf? Nicht nötig!
Der Obwaldner Ständerat Erich Ettlin (61) kann den Wahlen am 22. Oktober ganz entspannt entgegenblicken. Dass der Mitte-Politiker wiedergewählt wird, steht nämlich schon seit Anfang September fest. Weil ihm niemand Konkurrenz macht, ist er – wie schon vor vier Jahren – in stiller Wahl im Amt bestätigt. 2019 hatte sich auch sein Kollege aus Nidwalden, FDP-Ständerat Hans Wicki (59), den Wahlkampf sparen können. Im Kanton Appenzell Ausserrhoden wurden die Nationalratssitze seit 1919 bereits elf Mal in stiller Wahl vergeben. Zuletzt allerdings Ende der 80er-Jahre.