Es war ihr wichtigster Kampf der gegenwärtigen Legislaturperiode. Mit einem Ja zum CO2-Gesetz wollte Umweltministerin Simonetta Sommaruga (61) die Klimapolitik der Schweiz auf Kurs bringen und so auf die Erfüllung des Pariser Klima-Abkommens hinarbeiten. Doch das Volk machte ihr einen Strich durch die Rechnung und versenkte die Vorlage knapp mit 51,6 Prozent Nein-Stimmen.
Rund eine Woche später äussert sich die SP-Bundesrätin im Gespräch mit der «Samstagsrundschau» ausführlich zur Zukunft der Schweizer Klimapolitik. Und sie macht klar: Das Nein zum CO2-Gesetz an der Urne interpretiere sie keinesfalls als generelle Ablehnung der Schweizer Bevölkerung zu einer klimafreundlicheren Politik. «Das Abstimmungs-Nein ist kein Nein der Bevölkerung zum Klimaschutz. Er ist nach wie vor verankert in der Bevölkerung.» Es sei verständlich, dass Klimafragen inmitten der Corona-Pandemie ins Hintertreffen gerieten. «Wir sollten wegen dieser Abstimmung den Willen der Bevölkerung, etwas fürs Klima zu tun, nicht kleinreden», so Sommaruga.
«Jetzt wird Sündenbock-Politik betrieben»
Sie gibt zu: Die Vorlage war überladen, Angriffsflächen hätten sich so kumuliert, was den Gegnern der Vorlage in die Hände gespielt habe. Von einer taktischen Fehlleistung bei der Bestimmung der Abstimmungsagenda will sie aber nichts wissen. «Es zeigt, dass jetzt Sündenbock-Politik betrieben wird. Das ist nicht meine Art.» Denn bei einer Verschiebung des Referendums auf einen späteren Zeitpunkt hätte man das Gesetz nicht rechtzeitig in Kraft setzen können. «Das hätte zu massiven Mehrkosten für die Wirtschaft geführt», stellt Sommaruga klar.
Es sei denn auch nicht neu, dass gewisse Gesetze in der Schweiz mehrere Anläufe bräuchten, ehe sie im Volk genügend Akzeptanz fänden, sagt Sommaruga mit Verweis auf die Mutterschaftsversicherung, für die auf Bundesebene beinahe 20 Anläufe notwendig waren, ehe sie 2004 vom Volk angenommen wurde.
Blick in die Zukunft
Sommaruga will darum so schnell wie möglich in die Zukunft blicken. «Wir müssen jetzt sehr schnell schauen, was die nächsten Schritte sein werden.» Dabei streicht sie vor allem das Potenzial technologischer Innovationen heraus – und spricht sich gegen Verbote aus.
«Schauen Sie in die Automobil-Industrie. Kohle, Öl und Gas gehen dem Ende entgegen.» Statt diese zu verbieten, wie es andere Länder bereits tun, solle man stattdessen mit vielen kleinen Massnahmen die Bevölkerung zum Umstieg auf einen klimafreundlicheren Lebensstil ermutigen.
Die neue Vorlage, die die Energiewende voranbringen soll, ist nach dem Nein für Sommaruga denn auch wichtiger denn je. Entscheidend wird dabei vor allem sein, ob die Versorgungssicherheit beim Strom auch in Zukunft gewährleistet ist. Das Aus des EU-Rahmenabkommens erschwert diese Aufgabe – denn es bedeutet, dass die Schweiz kein Stromabkommen mit der EU schliessen kann. Sommaruga relativiert aber: «Das Stromabkommen war weit verhandelt, aber nicht unterschriftsfähig.»
Trotz der anstehenden Herausforderungen schaut Sommaruga positiv nach vorne. «Ich bin eine Kämpfernatur und will für unser Land vorwärtsmachen im Klima.» (ste)