Ein Bischof ist ein Episkopos, ein Aufseher. Einer, der hinschaut und nicht wegschaut. Ein Oberhirte schützt seine Herde vor den Wölfen. Doch wie auch in anderen Ländern haben die Schweizer Bischöfe massiv versagt. Sie schauten jahrzehntelang weg, als Kinder missbraucht wurden. Sie glaubten den Tätern, nicht den Opfern. Auch heute noch vertuschen sie und halten sich nicht an die eigenen Richtlinien, wie bei Verdachtsmeldungen vorzugehen ist.
Es reicht nicht, wenn der Bischof von Chur, Joseph Bonnemain, mantraartig einen Kulturwandel verspricht. Ein Kulturwandel fällt nicht vom Himmel. Zu einem Kulturwandel gehören Entscheidungen, die wehtun.
Es wird Zeit, dass die Bischöfe sich Hilfe von aussen holen. Die historische Untersuchung der Uni Zürich ist ein erster, wichtiger Schritt. Weitere müssen folgen. Es braucht schweizweit Präventionsfachleute, die dafür sorgen, dass Schutzkonzepte kompromisslos greifen. Es braucht externe Juristen, die unabhängige Disziplinarverfahren durchführen und helfen, problematische Priester aus dem Amt zu entfernen. Und es braucht die Politik, die den Druck auf Rom erhöht. Denn der grösste Bremser bei Kirchenreformen ist nach wie vor der Papst persönlich.
Mehr zu sexuellem Missbrauch in der Kirche
Der wirksamste Hebel ist das Geld. Über Kirchensteuern und Staatsbeiträge kommt die katholische Kirche in der Schweiz auf eine Milliarde Franken pro Jahr. Damit passiert viel Gutes, von dem die ganze Gesellschaft profitiert. Trotzdem sollte der Staat künftig Kirchensteuern und Subventionen an mehr Bedingungen knüpfen. Etwa an ein Präventions- und Personal-Management, für das nicht die Bischöfe verantwortlich sein dürfen. Als Oberhirten haben die Bischöfe auf ganzer Linie versagt.
Raphael Rauch war bis März Redaktonsleiter des Kirchenportals kath.ch.