Der Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche hat die Schweiz erschüttert. 1002 Mal sexueller Missbrauch. Hohe Dunkelziffer. Vernichtete Akten. Täter, die geschützt wurden. Eine Studie der Uni Zürich zeigt das erschütternde Ausmass. Davon aufgeschreckt will die Politik auf verschiedenen Ebenen handeln.
So will eine Allianz aus Parlamentarierinnen von SP, Grünen, GLP, EVP, Mitte und FDP Kindsmissbrauch in der Schweiz künftig besser verhindern lassen. Die Vertreterinnen der sechs Parteien werden am Donnerstag gemeinsam eine Motion einreichen, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet. Gefordert würden mit dem Vorstoss Schutzkonzepte, die nicht nur für Kirchen verbindlich sein sollen, sondern auch für andere Organisationen wie Vereine oder Schulen, die mit Kindern und jungen Erwachsenen arbeiten.
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Bisherige Schutzkonzepte reichten oft nicht
Es wird etwa auf den Leistungssport verwiesen, wo in den vergangenen Jahren ebenfalls Fälle von physischer und psychischer Gewalt an Minderjährigen aufgedeckt wurden. Der Bundesrat solle nun einen Gesetzesvorschlag ausarbeiten – mit dem Ziel, den Schutz Minderjähriger vor sexueller, physischer und psychischer Gewalt zu verbessern. Zwar hätten verschiedene Organisationen heute schon Schutzkonzepte. Doch die sind oft freiwillig.
Zitiert wird etwa SP-Nationalrätin Tamara Funiciello (33) als eine der sechs Parlamentarierinnen, die die Forderung aufstellen: «Die Schutzkonzepte der Kirche konnten die vielen Übergriffe nicht verhindern, was zeigt, dass sie nicht ausreichen.»
Bundesrat soll griffige Vorschläge machen
Der Bund solle Vorschläge unterbreiten, welche «standardisierten und verbindlichen» Kriterien die entsprechenden Organisationen erfüllen müssen. Gleichzeitig soll die Regierung aufzeigen, wie kontrolliert werden kann, dass die Schutzkonzepte auch tatsächlich eingehalten werden. All dies soll sie dem Parlament als neue Gesetzesgrundlage vorlegen.
Ziel der Parlamentarierinnen sei es, dass allen Verantwortlichen klar ist, wie sie vorgehen müssen, wenn ein Übergriff gemeldet wird oder ein Verdacht besteht. Funiciello zieht einen Vergleich zu Sportvereinen: «Wer dort Trainer wird, muss im ersten Jahr einen Kurs beim Förderungsprogramm Jugend + Sport machen und lernt, Nothilfe zu leisten.»
Denkbar seien etwa Schulungen oder Factsheets des Bundes, in denen gezeigt werde, wie man Missbrauch erkennen könne. «Das ist aber nur eine Idee – wir erwarten vom Bundesrat, dass er hier einen griffigen Vorschlag macht», so Funiciello weiter.
Weil die Forderung im Nationalrat breit abgestützt sei und ihn mehrere Fraktionen unterstützen wollen, stünden die Chancen auf eine Mehrheit im Parlament gut, bilanziert der «Tages-Anzeiger». (dba)