Nach AHV-Abstimmung
SP fordert nationalen Mindestlohn

Kaum ist der Abstimmungskampf vorbei, macht die Partei bei der Gleichstellung Druck. Und wärmt eine alte Idee neu auf.
Publiziert: 02.10.2022 um 09:40 Uhr
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Aktualisiert: 02.10.2022 um 13:49 Uhr
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SP-Nationalrätin Tamara Funiciello am Montag in Bern: «Ich bin es so leid.»
Foto: keystone-sda.ch
Simon Marti

Die SP hatte die Abstimmung über die AHV-Reform äusserst knapp verloren. Weshalb eine «hässige» Tamara Funiciello (32), Co-Präsidentin der SP-Frauen, bereits am Tag nach der Ausmarchung zur Demo nach Bern rief. Das sei die Zwängerei schlechter Verlierer, kritisieren die politischen Gegner. Ein Vorwurf, der Funiciello noch ein wenig hässiger macht. «Ich bin es so leid, wenn bürgerliche Politiker uns Zwängerei vorwerfen. Wir sind keine trötzelnden Kinder, verdammt noch mal!» Auch bürgerliche Politikerinnen verstünden nicht, was es bedeute, arm zu sein.

Die SP schaltet direkt in den Wahlkampfmodus: Zum Abschluss der Herbstsession lancieren die Genossinnen ein ganzes Vorstoss-Paket zur Gleichstellung. Eine parlamentarische Initiative der Genferin Laurence Fehlmann Rielle verlangt, dass Unternehmen ab 50 Mitarbeitenden Lohnanalysen durchführen müssen. Solche Analysen sind heute für Betriebe ab 100 Mitarbeitenden Pflicht.

Aktuell drohen keine Konsequenzen, wenn die Abklärung Ungleichheiten zutage fördert. Hier setzt die Zürcher SP-Nationalrätin Min Li Marti an: Firmen, die keine Analysen durchführen, sich den Kontrollen verweigern oder bei denen wiederholt Diskriminierungen festgestellt werden, sollen in eine öffentliche Liste eingetragen werden. Die Angst um die Reputation soll der Lohngleichheit zum Durchbruch verhelfen. Ein Vorstoss von Nationalrätin Valérie Piller Carrard verlangt eine Umkehr der Beweislast: Nicht die Frauen sollen erst belegen müssen, dass sie weniger verdienen, sondern die Firmen stünden künftig in der Pflicht, Lohnunterschiede stichhaltig zu begründen.

Funiciello ihrerseits haucht per Motion einer alten Idee neues Leben ein und fordert einen nationalen Mindestlohn von «mindestens» 4000 Franken pro Monat.

Die Bürgerlichen hätten viel versprochen im Abstimmungskampf um die AHV-Reform, so Funiciello. Jetzt nehme man sie beim Wort. «Von Versprechungen, irgendwann und irgendwie die zweite Säule zu sanieren, kann sich eine Kassiererin am Monatsende nicht mehr leisten.»

Bloss: 2014 schickte das Volk die Mindestlohn-Initiative wuchtig bachab. Funiciello stört das nicht. Im Gegenteil: «In diesem Kampf brauchen wir keine Erlaubnis, um zu demonstrieren. Und schon gar nicht, wenn wir im Parlament die bürgerliche Mehrheit mit der Realität der Frauen konfrontieren. Eine Realität, die viele dort nur zu gerne verdrängen.» Zumal die Auseinandersetzung um die Altersreform gezeigt hat, wie stark die SP inzwischen auf die Stimmen der Frauen zählen kann. «Jede fünfte Frau wählt SP», sagt Tamara Funiciello. «Hoffentlich werden es mehr.»

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