Durchs Bundeshaus weht ein frischer Wind. Gut fünfzig neu gewählte Nationalrätinnen und Ständeräte hatten diesen Dezember ihren Einstand im Parlament. Wer ist aufgefallen? Und wem gelang es, bereits erste Pflöcke einzuschlagen? Blick hat im Bundeshaus genau zugehört und hingeschaut.
Sie preschten vor
Normalerweise halten sich Neugewählte in den ersten Wochen im Parlament noch zurück. Schliesslich gilt es, den Betrieb einigermassen zu durchschauen, bevor man selbst politisch aktiv wird.
Die Solothurner SP-Nationalrätin Farah Rumy (31) aber gibt Gas. In ihrer ersten Session reichte die gelernte Pflegefachfrau bereits zwei Vorstösse ein, die sich ums Gesundheitswesen drehen. Besonders umtriebig ist auch ihr Solothurner Kollege Rémy Wyssmann (53) von der SVP. Von Stau auf der A1 über IV-Gutachten bis zum Panzerdeal: In der Fragestunde, in der die Nationalräte die Möglichkeit haben, die Bundesräte zu löchern, stellte er bereits acht Fragen. Auch eine parlamentarische Initiative hat der Anwalt schon eingereicht.
Er bekam die Quittung
Neo-Ständerat Fabio Regazzi (61) preschte ebenfalls vor – und dürfte es bereuen. Im Ständerat gilt das ungeschriebene Gesetz, dass Neue in ihrer ersten Session zu schweigen haben. Der Mitte-Politiker wagte es, sich dem zu widersetzen. Schliesslich behandelte der Ständerat einen Vorstoss, den der Tessiner noch als Nationalrat eingereicht hatte. Und zu seiner eigenen Forderung schweigen? Das geht nicht, fand er. Das sahen einige Alteingesessene im Stöckli allerdings anders. Regazzis Vorstoss wurde abgelehnt. Im Bundeshaus wird gemunkelt, dass es die Strafe dafür war, dass Regazzi sich nicht an die Schweigeregel gehalten hat.
Sie hat Eindruck gemacht
Sie hingegen durfte reden, und das ganz offiziell: Als Jüngste im Rat hatte die Berner SVP-Nationalrätin Katja Riem (26) am ersten Sessionstag die Aufgabe, eine Eröffnungsrede zu halten.
In allen vier Landessprachen wandte sich die Winzerin an ihre 199 älteren Kolleginnen und Kollegen und erklärte anhand eines kleinen Rebstocks, an welchen Prinzipien sich das Parlament orientieren soll: die Verbundenheit mit den Bürgern, Selbstständigkeit sowie Innovation und Weiterentwicklung. Riem erntete viel Lob für ihre staatsfrauische Rede. Und grossen Applaus.
Sie starten im Hintergrund durch
Die Lautesten sind im Parlament nicht die Mächtigsten. Viel entscheidender als das Einreichen von Vorstössen und Halten mitreissender Reden – aber eben auch viel anspruchsvoller – ist die Arbeit in den Kommissionen, wo neue Gesetze aufgegleist werden. Als besonders mächtig und darum auch begehrt, gilt die Wirtschaftskommission. Mit dem Zürcher Bauern Martin Hübscher (54) und dem Tessiner Steuerberater Paolo Pamini (46) haben es zwei SVP-Neulinge geschafft, in den erlauchten Kreis aufgenommen zu werden.
Sie braucht noch Nachhilfe
Für die Zürcher SP-Nationalrätin Anna Rosenwasser (33) wars ein Sprung ins eiskalte Wasser. Die Influencerin und LBTGQ-Aktivistin hatte vor ihrer überraschenden Wahl ins Parlament noch nie politisches Amt inne. Auf Instagram geht sie entwaffnend ehrlich mit ihrer teilweisen Überforderung um – und nimmt ihre Followerinnen und Follower mit bei ihren ersten Schritten als Nationalrätin.
Dabei ist ihr Ende Session allerdings ein peinlicher Fehler unterlaufen. «Heute wählen wir die Gerichtskommission», schrieb Rosenwasser auf Instagram. SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi (44) belehrte sie daraufhin öffentlich, dass keine Kommission, sondern Mitglieder der Bundesgerichte gewählt werden. Autsch.
Er war mutig
Sich als Bauer gegen den mächtigen Bauernverband zu stellen, trauen sich wenige. Der Einstand des Berner SVPlers Hans Jörg Rüegsegger (53) als Nationalrat ist deshalb bemerkenswert. Der Landwirt aus dem Gantrisch wagte es, gegen billiges Getreide aus dem Ausland zu lobbyieren und sich bei der Abstimmung zu enthalten. Damit stellte er sich nicht nur gegen die Wahlempfehlung des Verbands, sondern auch seiner eigenen Partei. Ein mutiger Schritt für einen Neo-Nationalrat.
Er setzt Prioritäten
Reto Nause (52) kümmert sich derweil um die wirklich wichtigen Dinge. Der Mitte Nationalrat, noch Sicherheitsdirektor der Stadt Bern, ist um die Sicherheit um das Bundeshaus herum besorgt.
Wie er der «Hauptstadt» berichtete, hat er einen unkonventionellen Vorschlag. Er will sich im Parlament dafür starkmachen, dass eine Pop-up-Bar hinter dem Bundeshaus möglich wird. Diese soll Jugendliche verbannen, die an Wochenende mit Lärm und Müll die umliegenden Nachbarn behelligen.