In drei Wochen sollen in der Schweiz die ersten Seniorinnen und Senioren die Auffrischungsimpfung erhalten. Die Heilmittelbehörde Swissmedic hat gestern den sogenannten Booster von Moderna und Pfizer/Biontech zugelassen. Dass der Booster erst älteren Menschen und solchen mit einem geschwächten Immunsystem empfohlen wird, begrüssen die Moderna-Chefs Paul Burton (53) und Cesar Sanz Rodriguez (51).
Blick: Heute ist ein guter Tag für Sie. Die dritte Corona-Impfdosis, die in der Schweiz soeben zugelassen wurde, dürfte ein Booster für Ihr Geschäft sein.
Paul Burton: Wir glauben, dass der Booster den Menschen einen grossen medizinischen Nutzen bringen wird – insbesondere jenen, die besonders gefährdet sind, an Covid zu erkranken. Der Booster schützt sie.
Müssen sich ältere Menschen dank des Boosters nicht mehr davor fürchten, schwer am Coronavirus zu erkranken oder gar zu sterben?
Burton: Unsere Daten zeigen, dass die Antikörper bei immungeschwächten und älteren Menschen dank des Boosters in sichere Zonen steigen. Sie können sich also – insbesondere im Hinblick auf den Winter – sicher fühlen.
Muss man nach dem Booster mit denselben Nebenwirkungen rechnen wie nach der ersten und zweiten Dosis?
Cesar Sanz Rodriguez: Ja, das muss man. In den klinischen Studien haben wir festgestellt, dass die Nebenwirkungen der Auffrischungsdosis denen der zweiten Impfstoffdosis ähnlich sind.
Laut dem Schweizer Impfchef Christoph Berger erhöht der Booster den Impfschutz bei älteren Menschen lediglich von ungefähr 85 auf 95 Prozent. Wäre es nicht sinnvoller, man würde zuerst dafür sorgen, dass weltweit alle Menschen Zugang zur Impfung erhalten?
Burton: Wir alle wollen ausgezeichnete Impfstoffe herstellen und diese so vielen Menschen wie möglich zugänglich machen. Viel Verantwortung liegt hier bei den Regierungen. Unsere Botschaft lautet: Der beste Schutz gegen das Virus ist, sich impfen zu lassen. Und wenn genügend Impfstoff vorhanden ist, soll man boostern.
Paul Burton (53) ist seit Juli 2021 Chief Medical Officer beim Impfstoffhersteller Moderna. Zuvor arbeitete er während 16 Jahren für Johnson & Johnson.
Paul Burton (53) ist seit Juli 2021 Chief Medical Officer beim Impfstoffhersteller Moderna. Zuvor arbeitete er während 16 Jahren für Johnson & Johnson.
Hierzulande ist die Auffrischung nur für Menschen über 65 Jahre empfohlen. Wann rechnen Sie mit der dritten Dosis für die breite Bevölkerung?
Sanz Rodriguez: Die jüngeren Menschen wurden später geimpft. Die Frage des sinkenden Schutzes wird sich auch bei ihnen stellen – aber erst später. Wir müssen noch mehr Studien durchführen, um herauszufinden, ob jüngere Menschen einen Booster brauchen. Ausserdem spielt auch die generelle Entwicklung der Pandemie eine Rolle. Wir kommen zwar langsam aus der von Delta dominierten Phase raus. Aber in Grossbritannien sorgt derzeit die sogenannte Delta-Plus-Variante für einen Anstieg der Fallzahlen. Erst die Zukunft wird zeigen, wie gut die Impfung gegen neue Varianten schützt.
Es gibt erste Hinweise darauf, dass der Impfschutz besonders hoch sein könnte, wenn eine mit Moderna geimpfte Person einen Booster von Pfizer/Biontech erhält und umgekehrt. Was halten Sie von solchen Kreuzimpfungen?
Sanz Rodriguez: Es laufen dazu derzeit einige Studien in den USA und in Grossbritannien. Wir müssen auf die definitiven Daten warten. Aber die bisherigen Erkenntnisse sind interessant.
Burton: Es gibt erste Daten, die zeigen, dass Kreuzimpfungen zu höheren Antikörper-Levels führen können. Wir müssen, wie mein Kollege sagt, weitere Daten abwarten. Aber die Kreuzimpfungen könnten ein interessanter Weg sein.
Cesar Sanz Rodriguez (51) arbeitet beim Impfstoffhersteller Moderna.
Der Spanier ist als Vize-Präsident Medical Affairs zuständig für Europa,
den Nahen Osten und Afrika. Er lebt in der Schweiz.
Cesar Sanz Rodriguez (51) arbeitet beim Impfstoffhersteller Moderna.
Der Spanier ist als Vize-Präsident Medical Affairs zuständig für Europa,
den Nahen Osten und Afrika. Er lebt in der Schweiz.
Schweden, Finnland und Norwegen impfen junge Menschen vorläufig nicht mehr mit Moderna, weil gerade bei jungen Männern ein erhöhtes Risiko für Herzentzündungen bestehe. Das Vertrauen in Ihren Impfstoff ist angeschlagen.
Burton: Das Risiko einer Myokarditis besteht sowohl beim mRNA-Impfstoff von Moderna als auch bei jenem von Pfizer/Biontech. Allerdings ist das Risiko einer Herzmuskelentzündung nach einer Impfung sehr tief. Wir sprechen hier von rund 20 Fällen auf eine Million Menschen. Das Coronavirus führt wesentlich häufiger zu einer Herzmuskelentzündung – auf eine Million Infizierte trifft es ungefähr 450 Menschen.
In den USA könnte der Impfstoff von Pfizer/Biontech bald für Kinder zwischen fünf und elf Jahren zugelassen werden. Wie weit ist Moderna bei Kinderimpfungen?
Burton: Der Moderna-Impfstoff ist inzwischen in vielen Ländern für 12- bis 18-Jährige zugelassen. Wir glauben aufgrund unserer Daten, dass es wichtig ist, Kinder zu impfen.
Wird der Booster in der Schweiz produziert?
Sanz Rodriguez: Ja, wir produzieren den Booster in Visp. Nicht nur für die Schweiz, auch für andere Länder.
Hatten Sie bereits eine dritte Dosis?
Burton: Nein, noch nicht. Aber hoffentlich bald.