Im Aargau gilt: Wie der Vater so der Sohn. SVP-Nationalrat Benjamin Giezendanner (41) hat es nicht geschafft, den frei werden SVP-Ständeratssitz zu verteidigen. Er muss mit Mitte-Kandidatin Marianne Binder (65) einer Frau den Vortritt lassen. Das war schon 2011 bei Vater Ulrich Giezendanner (70) so. Dieser verlor damals den SVP-Sitz an Pascale Bruderer (46, SP).
Giezendanner junior nimmt die Niederlage sportlich. «Es war sehr knapp. Die Wahl ist wohl in den städtischen Gebieten verloren gegangen», sagt er zu Blick. «Der Kanton Aargau hat sich dafür ausgesprochen, dass er eine Frau und das linke Spektrum abgedeckt haben will.» Er gratulierte Binder denn auch zu ihrer Wahl und schenkte ihr einen «Zuckerstock», also einen Vulkan. Auf dass sie in Bern so leuchten möge wie das Feuerwerk.
Giezendanner-Trauma
Und was meint der SVP-Politiker zum Giezendanner-Trauma? «Es scheint ein Fluch zu sein», sagt er lachend. Und fügt schmunzelnd hinzu: «Vielleicht gibt es eine nächste Generation, die es dann wieder probiert und es schafft.» Giezendanner schliesst auch nicht aus, dass er dereinst selber wieder antreten könnte. Aus heutiger Sicht zwar eher nicht, meint er, aber: «Sag niemals nie!»
Er habe lange gehofft, dass es doch noch reichen könnte, meint «Giezi junior», deshalb mag er eine gewisse Enttäuschung nicht verhehlen.
Ebenso wenig sein Vater: «Natürlich bin ich sehr enttäuscht», sagt «Giezi senior» zu Blick. Sein Sohn habe gekämpft. Und auch er habe sich im Wahlkampf für ihn eingesetzt. Allerdings hätten sich fast alle Parteien – ausser der FDP – gegen die SVP gestellt. Trotzdem vermutet er, dass manche FDP-Wähler diesmal zu Hause geblieben seien. Die Lehre: «Wir müssen viel besser zusammenarbeiten.»
Binder schafft es diesmal
Während sich bei Giezendanners die Geschichte wiederholt, sieht es bei Binder gerade umgekehrt aus. Vor vier Jahren hatte sie im zweiten Wahlgang das Nachsehen, weil auch die Grünen antraten und so das Mitte-links-Lager aufgesplittet war. Diesmal gab es eine Binder-Allianz, die von Mitte über SP und Grüne bis hin zu GLP und EVP reichte.
Die anderen Ständeratskandidatinnen aus dem ersten Wahlgang zogen sich zugunsten Binders zurück. Und in den sozialen Medien machten sich Parteigrössen – wie etwa die ehemaligen Regierungsräte Urs Hofmann (66, SP) und Susanne Hochuli (58) – für Binder stark. Und so gelang der Stöckli-Coup! Mit 84'431 Stimmen gegen 79'429 Stimmen setzte sich Binder gegen Giezendanner durch.
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Versprechungen habe sie dem links-grünen Lager für den Support keine abgeben, betont Binder. Aber natürlich gebe es mit einer Mitte-Politikerin gewisse Überschneidungen. Etwa in der Umweltpolitik, bei Gleichstellungsfragen oder auch der Positionierung der Schweiz in Europa und der Welt. «Da habe ich etwas anzubieten – und das hat über Parteigrenzen hinweg überzeugt.» Zwei Legislaturen möchte sie nun gerne im Stöckli politisieren, wie sie Blick erklärt. In vier Jahren tritt sie also nochmals an.
Trotz der Giezendanner-Niederlage findet auch mit Binder eine Aargauer Familiendynastie ihre Fortsetzung: So sass bereits ihr Schwiegervater Julius Binder (98) einst im Ständerat. Ihr Vater Anton Keller (88) war Nationalrat.
Schon ist auch klar, wer für Binder in den Nationalrat nachrutscht: Maya Bally (62). Vor vier Jahren kandidierte sie noch selbst für den Ständerat – damals für die BDP.