«Missachten den Volkswillen»
Experten werfen Parlament Verfassungsbruch vor

Nächste Woche entscheidet der Nationalrat über die Umsetzung der Tabak-Initiative. Ein Experten-Gremium des Bundes redet den Parlamentariern nun ins Gewissen. Es fürchtet einen Verfassungsbruch.
Publiziert: 19.02.2024 um 15:04 Uhr
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56,7 Prozent der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger sagten im Februar 2022 Ja zur Initiative «Kinder ohne Tabak».
Foto: Keystone

Zwei Jahre ist es her, seit sich die Schweizer Stimmbevölkerung für strengere Regeln für Tabak-Werbung ausgesprochen hat – gegen den Willen von Bundesrat und Parlament. Nun tobt im Parlament der Streit um die Umsetzung der Initiative.

Gesundheits-Fachpersonen sind alarmiert. In einem Brief wendet sich eine Experten-Kommission, die dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) angegliedert ist, an die Nationalrätinnen und Nationalräte und redet ihnen ins Gewissen. Man bitte die Parlamentarier, den Volkswillen zu respektieren, schreibt die Eidgenössische Kommission für Fragen zu Sucht und Prävention nichtübertragbarer Krankheiten (EKSN) im Schreiben, das den Briefkopf der Eidgenossenschaft trägt. 

Ständerat setzt Initiative nur halbbatzig um

Der Nationalrat entscheidet nächste Woche über das neue Tabakgesetz. Der Ständerat hatte sich bereits vergangenen Herbst darüber gebeugt – und den Vorschlag des Bundesrats in wesentlichen Punkten verwässert. Tabakfirmen sollen beispielsweise auch künftig Veranstaltungen wie Festivals sponsern dürfen und «durch mobiles Verkaufspersonal» ihre Produkte anbieten. Der Ständerat will ausserdem Zigarren und Zigarillos vom Werbeverbot ausnehmen. Dabei sieht die Initiative ein Verbot jeglicher Art von Werbung für Tabakprodukte vor, die Kinder und Jugendliche erreicht. 

Die Gesundheitskommission des Nationalrats empfiehlt ihrem Rat, die meisten Änderungen, die die kleine Kammer beschlossen hat, zu übernehmen. Dies, obwohl auch ein Gutachten des BAG zum Schluss kam, dass der Vorschlag des Ständerats in mehreren Punkten nicht verfassungskonform ist. 

Folge der Nationalrat den Anträgen, würden einzelne Bestimmung zu Tabak-Werbung und -Sponsoring sogar schwächer sein als im heutigen Gesetz, warnt die EKSN in einer Medienmitteilung. Sie appelliert an den Nationalrat: Nehme man diese Vorschläge an, verstosse man gegen die Verfassung. Die Volksinitiative müsse konsequent umgesetzt werden, damit Kinder und Jugendliche besser geschützt würden. (lha)

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