Schweiz soll konkurrenzfähig bleiben
So will Maurer die OECD-Steuerreform umsetzen

Der Bundesrat treibt die Umsetzung der globalen Mindeststeuer für Konzerne voran. Er schlägt dem Parlament neu vor, dass ein Viertel der Mehreinnahmen an den Bund zurückfliessen soll. Die kantonalen und städtischen Finanzdirektorinnen und -direktoren sind mit an Bord.
Publiziert: 23.06.2022 um 09:29 Uhr
|
Aktualisiert: 23.06.2022 um 11:31 Uhr
1/5
Die Schweiz muss die Unternehmenssteuer anpassen. Und zwar schon ab 2024. Bundesrat Ueli Maurer muss also Gas geben.
Foto: Keystone

Der internationale Druck auf die Schweiz lässt nicht nach. Das neue Steuerregime für Unternehmen ist noch gar nicht lange in Kraft. Es musste angepasst werden, weil nicht mehr akzeptiert wurde, dass Konzerne hierzulande weniger Steuern zahlen.

Nun steht bereits die nächste Korrektur ins Haus – erneut auf internationalen Druck der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Finanzminister Ueli Maurer (71) stellte am Donnerstag die Botschaft zum Bundesbeschluss über die besondere Besteuerung grosser Unternehmensgruppen vor. Dabei geht es um die Umsetzung des OECD/G20-Projekts zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft.

Flankiert wurde Maurer von Ernst Stocker (67), Zürcher Finanzdirektor und Präsident der Konferenz der kantonalen Finanzdirektorinnen und Finanzdirektoren (FDK), sowie Daniel Leupi (56), Finanzdirektor der Stadt Zürich und Vizepräsident der Konferenz der städtischen Finanzdirektorinnen und -direktoren (KSFD).

25 Prozent der Einnahmen gehen an den Bund

Der Bundesrat sieht vor, dass grosse international tätige Unternehmen mit Umsätzen über 750 Millionen Euro ab Anfang 2024 auch in der Schweiz eine Mindeststeuer von 15 Prozent bezahlen müssen. Erreicht werden soll das über eine Ergänzungssteuer, welche die Differenz zwischen einer tieferen Besteuerung und der Mindeststeuer deckt. Nach Angaben Maurers wären von der Massnahme etwa 2000 grosse Unternehmen betroffen.

Ursprünglich sollten die Kantone alle daraus resultierenden Mehreinnahmen erhalten. Dieser Punkt stiess in der Vernehmlassung jedoch auf Kritik. Mitte-Links und mehrere Kantone forderten, dass auch der Bund einen Anteil erhalten solle. Der Bundesrat lenkte ein: 25 Prozent der Einnahmen sollen an den Bund fliessen.

Diese zusätzlichen Mittel werden laut dem Bundesrat zweckgebunden dazu verwendet, die Mehrausgaben im nationalen Finanzausgleich (NFA) zu decken. Das Projekt sei damit für den Bund haushaltsneutral.

Standort Schweiz soll attraktiv bleiben


Die Kantone erhalten nach dem neuen Vorschlag die anderen drei Viertel der Einnahmen. Sie bekommen damit die Mittel, um ihre Standortattraktivität zu sichern. Über den Verwendungszweck können sie autonom entscheiden, allerdings sind die Gemeinden gemäss Bundesbeschluss «angemessen zu berücksichtigen». Die genaue Ausgestaltung lässt der Bundesrat offen.

Ernst Stocker erklärte, dass die Gelder nicht an die Grosskonzerne zurückfliessen. Steuerrabatte seien ausdrücklich ausgeschlossen. Die Mehreinnahmen würden für die Standortattraktivität benutzt, also für Bildung, Forschung, Infrastruktur oder Kinderbetreuung.

Auch der Verteilschlüssel für die Kommunen ist Kantonssache. Der städtische Finanzdirektor Leupi sagte, die Systeme für die Unternehmenssteuer-Aufteilung seien kantonal sehr unterschiedlich. Wichtig sei für die Kommunen, dass der innerkantonale Finanzausgleich funktioniere.

Bis zu 2,5 Milliarden Mehreinnahmen


Ziel des Bundesrats ist es, mit der verfassungsrechtlich verankerten Ergänzungssteuer «die nötige internationale Akzeptanz» zu erreichen. Wie Maurer ausführte, ist die globale Mindeststeuer freiwillig. Schliesse sich die Schweiz dem Standard aber nicht an, könnten andere Staaten ihre Unternehmen besteuern. Damit drohe ein Verlust von Steuersubstrat. Zudem sind rund 600'000 kleinere und rein national tätige Unternehmen gemäss Maurer von der Reform nicht betroffen.

Dem Bundesrat ist es wichtig, dass die Umsetzung durch die Kantone dem Steuerföderalismus Rechnung trägt. Zudem soll die bestehende verfassungsrechtliche Regelung, wonach der Kantonsanteil an einer direkten Bundessteuer mindestens 17 Prozent beträgt, unangetastet bleiben.

Die finanziellen Auswirkungen der Reform lassen sich derzeit nicht zuverlässig schätzen. Schätzungen ergeben für Bund und Kantone kurzfristig jährliche Mehreinnahmen von rund 1 bis 2,5 Milliarden Franken.

«Müssen beste Milchkühe im Stall behalten»


Gemäss Verteilungsschüssel entfielen 250 bis 650 Millionen Franken auf den Bund und rund 800 Millionen bis knapp 2 Milliarden Franken auf die Kantone. Was konkret mit diesem Geld geschehen soll, ist noch nicht abschliessend geklärt. Gegenwärtig sind auf kantonaler Ebene eine Vielzahl von Vorschlägen in Diskussion.

Angesichts des zeitlichen Drucks beschloss der Bundesrat ein etappenweises und eng getaktetes Vorgehen. Oberstes Ziel ist es, den Abfluss von Steuersubstrat zu verhindern. «Wir müssen die besten Milchkühe im Stall behalten», brachte es Maurer auf den Punkt.

Mit einer neuen, ab Anfang 2024 geltenden Verfassungsnorm soll der Bund in einem ersten Schritt ermächtigt werden, das OECD/G20-Projekt umzusetzen. Darüber entscheidet zunächst das Parlament und im kommenden Juni Volk und Stände.

Im zweiten Schritt will der Bundesrat die Mindestbesteuerung mittels einer vorübergehenden Verordnung regeln. Ab frühestens 2026 soll ein Bundesgesetz die Verordnung ablösen. Maurer bezeichnete das als zielführend, denn dank der Umsetzung der Verordnung werde man zu diesem Zeitpunkt über Erfahrungswerte bis dahin verfügen. (SDA/dba)

Fehler gefunden? Jetzt melden

Was sagst du dazu?