Eigentlich wollte sich Ueli Maurer (66) Zeit lassen. Nach dem spektakulären Untergang der Unternehmenssteuerreform (USR) III an der Urne erklärte er zunächst, es könne bis Ende Jahr dauern, bevor ein neues Paket geschnürt sei. Drei Tage später riefen ihn seine Kollegen im Bundesrat zur Ordnung: Bis Sommer muss der SVP-Finanzminister nun seinen nächsten Reformentwurf vorlegen.
Deutlich signalisiert Maurer seitdem, wie sehr ihm das Geschäft die Laune vermiest. Gleichzeitig werden seine Fähigkeiten offen angezweifelt – sogar in der eigenen Partei: «Maurer muss jetzt endlich liefern, er darf sich nicht länger verstecken», sagt der Zürcher SVP-Nationalrat Alfred Heer (55). Er und seine Kollegen in der Landesregierung hätten «in der internationalen Steuerpolitik kein Konzept, keine Strategie». Stattdessen argumentierten sie mit Druck aus dem Ausland.
Ausländischer Druck sei eine Mär
Laut Heer läuft im Departement des obersten Säckelmeisters vieles schief: «Maurer muss von der verheerenden Politik abrücken, welche steuerpolitisch für die Schweiz tödliche Konzessionen gegenüber der OECD gebracht hat.» Er müsse lernen, wie «die internationalen Gremien für Finanzfragen funktionieren und das Steuerregime der Schweiz verteidigen, anstatt in der Schweiz eine neue Steuerreform zu basteln, für welche gar nicht der Bund, sondern sowieso die Kantone zuständig» seien.
Und worauf stützt Heer seine Kritik? «Ganz einfach: Ich stehe in Kontakt mit vielen massgebenden Leuten innerhalb der OECD», sagt Heer. Als Präsident der Schweizer Delegation des Europarats bespricht sich Heer häufig mit Exponenten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Er ist alleiniger Berichterstatter des Europarats für diese Staatengruppe. Für den SVP-Politiker steht fest: Viele Länder verteidigten ihre jeweiligen Privilegien bis aufs Äusserste. Weder EU noch OECD seien sich darin einig, wie Steuerparadiese effektiv zu bestrafen seien. Ergo könne vom viel zitierten ausländischen Druck keine Rede sein.
«Schwarze Liste» sei Humbug
Das beste Beispiel ist für Heer die viel zitierte «schwarze Liste». Maurers Vorgängerin im Finanzdepartement, Eveline Widmer-Schlumpf (60, BDP), habe EU und OECD versprochen, die Steuerprivilegien für Holdings abzuschaffen. Weil sie Angst davor hatte, dass die Schweiz andernfalls auf einer schwarzen Liste landen und Sanktionen die heimische Wirtschaft lähmen würden. «Alles Humbug!», sagt Heer. «Diese schwarze Liste, von der alle reden, die gab es nicht, gibt es nicht und wird es auch nie geben.» Zu viele andere Länder in der OECD und der EU kümmerten sich keinen Deut um internationale Vorgaben.
Maurers Passivität sei fatal
Was SVP-Exponent Heer am meisten an Ueli Maurers Politik ärgert: Der politische Gegner gebe ihm die Agenda vor. «SP-Präsident Christian Levrat spaziert an den Parlamentarier-Tagungen der OECD fröhlich durch Paris und berät sich mit dem zuständigen Steuer-Chefbeamten in der OECD auf Vermittlung des Schweizer OECD-Botschafters in Paris. Logisch, dass er seine linke Politik im Namen der Schweiz vertritt, da kann man ihm keinen Vorwurf machen.» Wenn man die Organisation geradezu auffordere, sei es kein Wunder, dass die OECD Druck mache.
Doch diese Passivität sei fatal, so Heer: «Wir stellen den Finanzminister, haben eine sogenannte bürgerliche Mehrheit im Bundesrat, doch die Linken übernehmen in der Steuerpolitik das Heft und vertreten die Schweiz beim OECD-Steuerdirektor. Gehts noch?»
Maurer halte sich viel zu sehr zurück, kritisiert Heer. «Er muss dem Bundesrat klarmachen, dass es keine neue Steuerpolitik braucht und dies gegenüber der OECD und der EU durchsetzen!»