«Wir wollen uns um Themen kümmern, die das Volk beschäftigen»
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Marcel Dettling:«Wollen uns um Themen kümmern, die das Volk beschäftigen»

Marcel Dettling gibt seine Kandidatur als SVP-Präsident bekannt
«Die besten Ideen kommen mir beim Melken»

Tritt er als Kandidat fürs SVP-Präsidium an oder nicht? Seit der Rücktrittsankündigung von Marco Chiesa ist die grosse Frage, ob Marcel Dettling in dessen Fussstapfen treten will oder nicht. Nun hat er sich entschieden – und dürfte der neue Parteichef werden.
Publiziert: 13.01.2024 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 13.01.2024 um 10:16 Uhr
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Tritt Marcel Dettling an? Das war die grosse Frage.
Foto: Philippe Rossier

Marcel Dettlings (42) Wohnhaus in Oberiberg SZ liegt im Nebel, als Blick dort ankommt. Ist das ein schlechtes Zeichen für einen Nationalrat, von dem alle wissen wollen, ob er Parteichef der Sünneli-Partei werden will? Zusammen mit dem SVPler geht es weiter hinauf – und der Nebel lichtet sich. Das Wetter ist herrlich, als uns der Schwyzer zu einem Aussichtspunkt bringt, von dem aus er einen Überblick über den «Marchenstreit» gibt, einer Auseinandersetzung zwischen dem Kloster Einsiedeln und den Schwyzer Landleuten. Der Streit führte zum Bundesbrief von 1291, zur Schlacht am Morgarten und zur Gründung der Eidgenossenschaft. Für Dettling steht mit den derzeitigen Verhandlungen mit der EU ähnlich Entscheidendes an wie vor 700 Jahren.

Blick: Herr Dettling, die Schweiz wartet auf Ihren Entscheid. Wollen Sie SVP-Präsident werden?
Marcel Dettling:
Ja, ich will! Ich kandidiere! Zusammen mit meiner Familie und der Partei bin ich zu diesem Schluss gelangt.

Vor vier Jahren sagten Sie ab. Hat Ihre Frau diesmal grünes Licht gegeben?
Vor vier Jahren wäre ich wohl allein dagehockt. Diesmal sind meine Frau und meine Kinder mit an Bord, sonst hätte ich nicht Ja sagen können. In der Wahlkampfphase habe ich mich bereits stark für die Partei engagiert, trotzdem hat es mit der Familie und dem Betrieb funktioniert. Als Präsident würde der Aufwand zwar nochmals steigen, aber diesmal können wir besser abschätzen, was auf uns zukommt. Ich will kein Vollzeitpolitiker sein, sondern weiterhin bauern können. Die besten Ideen kommen mir früh am Morgen beim Melken! Dann hat man Zeit und Ruhe zum Nachdenken.

Mit Ihrer Ankündigung wird sich das Kandidatenfeld lichten. Gerade die Romands dürften aber wenig Freude haben über einen Deutschschweizer an der Spitze.
Das hoffe ich nicht. Die Romandie liegt mir am Herzen. Ich habe in Yverdon mein Bauernlehrjahr und die Berufsschule absolviert. Der frühere Nationalrat Jean-Pierre Grin war mein Berufsschullehrer. 20 Jahre später sind wir im Parlament wieder aufeinandergetroffen. Ich kann mich also auf Französisch verständigen, auch wenn es nicht ganz für eine Fernsehdebatte reicht.

Die Genfer Nationalrätin Céline Amaudruz ist für ein Co-Präsidium. Machen Sie da mit?
Ich persönlich finde, man muss Verantwortung übernehmen. Deshalb ist Führung nicht teilbar. Zur SVP passt ein solches Modell nicht.

Noch-Präsident Marco Chiesa wurde als wenig präsent wahrgenommen. Bringen Sie neuen Schub?
Er war sehr oft in den Kantonalsektionen unterwegs und viel stärker in der Westschweiz präsent. Allerdings spüre ich die Erwartungshaltung, dass ein neuer Präsident in der Deutschschweiz wieder mehr sichtbar sein muss.

Würden Sie als Parteichef wenigstens Lohn erhalten?
Das ist für mich nicht entscheidend. Ich gehe davon aus, dass die Spesen übernommen werden und ich einen persönlichen Mitarbeiter zur Seite gestellt erhielte. Das reicht. Als Parlamentarier sind wir noch lange nicht armengenössig.

Es ist ein Verschleissjob, gibt keinen Lohn. Warum wollen Sie sich das antun?
Das haben wir in der Familie besprochen: Was nützt es, wenn ich als Familienvater zu Hause bin, das Land aber vor die Hunde geht? Es stehen wichtige Entscheide an, wie zum Beispiel das EU-Rahmenabkommen. Dieses müssen wir beerdigen, um unsere Freiheit und unsere direkte Demokratie zu verteidigen.

Die Gewerkschaften sind dem EU-Deal gegenüber skeptisch. SVP-Chef Dettling Schulter an Schulter mit Gewerkschaftsboss Pierre-Yves Maillard? Ein neues Dreamteam?
Ich komme sehr gut mit Maillard aus. Aber es wäre schon ein komisches Bild. (lacht) Die Gewerkschaften sind wichtige Verbündete. Ich gehe davon aus, dass wir den Kampf nicht allein führen müssen und weitere Organisationen mitmachen. Bleibt die SVP allein, wird es schwierig.

Ein wichtiges Thema wird die 10-Millionen-Initiative. Schaffen Sie den Coup?
Sie ist weniger radikal als die Begrenzungs-Initiative, die wir verloren haben. Wir sehen diesmal ein stufenweises Vorgehen vor, wann der Bund wegen der Zuwanderung eingreifen muss. Die Entwicklung gibt uns recht. Der Bundesrat prognostizierte 2010, dass wir 2060 neun Millionen Einwohner erreichen! Letztes Jahr sind netto 100'000 Personen zugewandert. Mit den entsprechenden Folgen: zu wenig Wohnraum, steigende Mieten, überfüllte Züge, verstopfte Strassen, Probleme an den Schulen. Die Initiative hat sehr gute Chancen.

Welche Wahlziele haben Sie? Nach dem letzten Wahlsieg können Sie nur verlieren!
Würde ich so denken, dürfte ich nicht antreten. 2023 haben wir gar nicht so gut abgeschlossen. 2015 hatten wir mit 29,4 Prozent ein Rekordergebnis erreicht. Das zeigt, wir haben noch Potenzial! Nicht nur auf dem Land, sondern auch in den Städten, ich nenne die Themen Sicherheit, Bildung, Verkehr. Es braucht wieder mehr Emotionen. Wir müssen stärker auf die Migrationsproblematik fokussieren.

Da ist Ihnen die Lieblingsfeindin Elisabeth Baume-Schneider abhandengekommen. Beat Jans übernimmt das Justizdepartement. Er ist neu für Asyl und Migration zuständig.
Schlimmer kann es nicht mehr werden. Jans ist für uns fast ein Hoffnungsträger. Frau Baume-Schneider hat ja nirgendwo auch nur ein bisschen die Schraube angezogen. Aber Herr Jans ist auch kein SVPler. Er wird linke Politik betreiben. Ich hoffe aber, dass die SP irgendwann aufwacht. Schliesslich ist es ja auch ihre Klientel, die wegen der hohen Zuwanderung keine bezahlbare Wohnung findet.

Die SVP hätte das Justizdepartement übernehmen können. Es kommt bei Ihren Wählern aber halt besser an, zur Wolfsjagd zu blasen.
Wir können ja nicht jedes Departement übernehmen – leider. Wir würden gerne sieben Bundesräte stellen. Wir sind froh, dass Albert Rösti jetzt dafür schaut, dass wir eine sichere und bezahlbare Energieversorgung bekommen. Er muss aufräumen, was SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga angerichtet hat.

Welchen Wähleranteil würden Sie als Parteichef anstreben?
Es geht nicht um Wählerprozente, sondern darum, dass wir das Richtige für die Schweizer Bevölkerung tun. Ob beim Asylchaos oder der masslosen Zuwanderung. Am wichtigsten ist, dass die Schweiz unabhängig bleibt und wir selber demokratisch bestimmen, was wir wollen und was nicht. Also kein Unterwerfungsvertrag mit der EU. Dann werden wir auch die Wahlen gewinnen.

Was könnte die SVP noch beklagen, wenn keine Asylsuchenden mehr kämen und sie nicht mehr auf dem angeblichen Asylchaos herumtrampeln könnten?
Schön wärs, wenn es kein Asylchaos mehr gäbe. Wir sind seit 25 Jahren die stärkste Partei und gewinnen Wahlen mit dem Migrationsthema – und Abstimmungen. Doch Letztere werden dann vom Parlament nicht umgesetzt, wie die Ausschaffungsinitiative oder die Masseneinwanderungsinitiative. Aber wir bleiben dran und packen das Problem bei der Wurzel an: Wenn mein Keller überflutet wird, nützt es nichts, wenn ich mit einem Lumpen ein wenig Wasser aufwische. Sondern ich muss dem Eindringen einen Riegel schieben.

Persönlich: Marcel Dettling

Marcel Dettling (42) ist seit acht Jahren Nationalrat und einer von drei Vizepräsidenten der SVP. 2023 hat er einen der wichtigsten Posten der SVP inne: Der Landwirt aus Oberiberg SZ orchestriert 2023 den Wahlkampf der grössten Schweizer Partei. Dettling ist verheiratet und hat drei Kinder.

Marcel Dettling (42) ist seit acht Jahren Nationalrat und einer von drei Vizepräsidenten der SVP. 2023 hat er einen der wichtigsten Posten der SVP inne: Der Landwirt aus Oberiberg SZ orchestriert 2023 den Wahlkampf der grössten Schweizer Partei. Dettling ist verheiratet und hat drei Kinder.

Mit Ihnen bliebe die SVP also bei den altbewährten Themen?
Natürlich, deren Dringlichkeit besteht weiterhin! Wir machen nicht den Fehler und verzetteln uns mit zu vielen Themen. Dass wir uns bei fast 30 Prozent Wähleranteil halten, zeigt: Die Bevölkerung weiss, wofür wir stehen! Und wie angesprochen geht es in den nächsten Monaten wieder verstärkt darum, die Anbindung an die Krisen-EU zu verhindern.

Sie meinen die Bilateralen III?
Nein, eben nicht! Es geht um einen Unterwerfungsvertrag, der genau das Ende der bilateralen Verträge bedeutet. Wir müssten zwingend EU-Recht übernehmen und fremde EU-Richter akzeptieren. Deshalb lassen wir auch bei der Migration nicht «lugg». Wenn Beat Jans nicht in die Gänge kommt, starten wir die Grenzschutz-Initiative. Es braucht wieder systematische Kontrollen, und wir wollen keine illegalen Migranten im Land.

Wann starten Sie die Initiative also? Herr Jans wird kaum Grenzkontrollen einführen.
Leider nicht. Wir werden die Grenzschutz-Initiative darum noch dieses Jahr lancieren. Der Initiativtext ist von der Bundeskanzlei geprüft. Alles ist bereit. Erst reichen wir aber die 10-Millionen-Schweiz-Initiative ein. Und am 23. März 2024 werden wir sehen, ob die SVP mich an ihrer Spitze will. Eins nach dem anderen.

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