Die Affäre Maudet ist um ein Kapitel reicher: Das Genfer Kantonsgericht hat den ehemaligen Staatsrat in zweiter Instanz freigesprochen. Seine Anwälte bestätigten am Dienstag Berichte der Onlineportale tdg.ch und lemanbleu.ch.
Maudets Anwälte bestätigten am Dienstag gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA entsprechende Berichte der Onlineportale tdg.ch und lemanbleu.ch. Bevor sie weitere Kommentare abgäben, wollten sie zuerst das 90-seitige Urteil zur Kenntnis nehmen, teilten seine Verteidiger Grégoire Mangeat, Fanny Margairaz und Yaël Hayat auf Anfrage mit.
Maudets Anwälte hatten während der Berufungsverhandlung vergangenen Oktober immer wieder betont, dass man ihrem Mandanten alles vorwerfen könne, dass aber die rote Linie des Strafrechts in diesem Fall nie überschritten worden sei.
Die Staatsanwaltschaft hat nun noch die Möglichkeit, das Urteil in der Berufung beim Bundesgericht anzufechten. Sie hatte eine bedingte Freiheitsstrafe von 14 Monaten für den Ex-Staatsrat gefordert. Ob sie das Urteil weiter zieht, ist noch offen, wie es auf Anfrage hiess.
Verurteilt wegen Abu Dhabi-Reise
Maudet reiste im November 2015 mit seiner Familie, seinem damaligen Stabschef Patrick Baud-Lavigne sowie den beiden Genfer Geschäftsleuten, Magid Khoury und Antoine Daher, nach Abu Dhabi, um den Grand Prix der Formel 1 anzuschauen. Diese Reise, deren Kosten auf 50'000 Franken geschätzt werden, wurde von der Königsfamilie von Abu Dhabi bezahlt.
Das erstinstanzliche Genfer Polizeigericht verurteilte den ehemaligen FDP-Politiker im Februar letzten Jahres wegen Vorteilsannahme im Zusammenhang mit der Reise zu einer bedingten Geldstrafe von 300 Tagessätzen zu 400 Franken verurteilt. Zudem musste Maudet dem Staat Genf 50'000 Franken als Entschädigung zurückzahlen.
Das Polizeigericht urteilte, dass der Politiker sich zwar nicht direkt habe bestechen lassen. Der Magistrat habe aber das Risiko in Kauf genommen, bei der Ausübung seines Amtes beeinflusst zu werden, indem er die Einladung für die Reise annahm.
Kein Hinweis auf vorteilhafte Behandlung
Das Berufungsgericht kam nun zu einem anderen Schluss. Die Tatsache, dass die Familie des Angeklagten ebenfalls eingeladen wurde, sei kein zwingendes Indiz dafür, dass damit die Gunst des Staatsrats habe geweckt werden sollen, heisst es im Urteil.
"Es deutet nichts darauf hin, dass es sich dabei um eine besonders vorteilhafte Behandlung handelte, die diesem einen Gast vorbehalten gewesen war". Nach Ansicht der Richter luden die Behörden von Abu Dhabi Maudet und seine Familie ein, um den Formel-1-Grand-Prix zu fördern.
Mitangeklagte ebenfalls entlastet
Auch die Mitangeklagten wurden weitgehend freigesprochen. Unschuldig sind nach Ansicht der Richter die beiden Genfer Unternehmer Khoury und Daher, welche die umstrittene Reise organisiert hatten. Sie waren in erster Instanz wegen Vorteilsgewährung zu einer bedingten Geldstrafe von 240 beziehungsweise 180 Tagessätzen verurteilt worden.
Maudets frühere rechte Hand, Baud-Lavigne, wurde ebenfalls vom Vorwurf der Vorteilsannahme freigesprochen. Das Appellationsgericht verurteilte ihn jedoch wegen Amtsgeheimnisverletzung und Anstiftung zum Amtsmissbrauch im Zusammenhang mit der überstürzten Eröffnung einer Bar zu einer bedingten Geldstrafe von 90 Tagessätzen. Es ist der einzige Schuldspruch in dem Verfahren. Es ist noch unklar, ob Baud-Lavigne den Fall weiterziehen wird.
Nach diesen Freisprüchen muss der Staat Genf Maudet 40'000 Franken für dessen Verteidigungskosten zahlen. Patrick Baud-Lavigne und Magid Khoury erhalten 58'500 Franken und beziehungsweise 84'000 Franken.
Frühere FDP-Hoffnung
Die Affäre und der Prozess hatten der steilen politischen Karriere des früheren FDP-Hoffnungsträgers und Bundesratskandidaten ein jähes Ende gesetzt. Der mittlerweile 43-jährige Maudet scheiterte im vergangenen März bei der Ersatzwahl in den Staatsrat. Nach seinem Ausschluss aus der FDP hatte er als Unabhängiger für seine eigene Nachfolge kandidiert. Zuvor war er von seinen Amtskollegen in der Kantonsregierung schrittweise entmachtet worden und schliesslich von seinem Amt zurückgetreten.
Zum Abschluss der Berufungsverhandlung hatte Maudet eine Rückkehr in die Politik jedoch nicht ausgeschlossen. Er erklärte, dass er "dieser Reise aus juristischer Sicht ein Ende setzen" wolle. "Was die politische Reise angeht, so wird sie nicht im Gerichtssaal enden", sagte der Ex-Staatsrat vielsagend.
(SDA)