Urs Lehmann (54) gibt nicht auf. Der Präsident des Schweizer Skiverbands träumt von Olympischen Winterspielen in der Schweiz – obwohl alle Anläufe bisher gescheitert sind. Nun werden die Pläne für eine Olympia-Austragung in der Schweiz konkreter, wie der SonntagsBlick berichtet.
Swiss Olympic und die nationalen Wintersportverbände stünden kurz davor, Gespräche über die konkrete Ausgestaltung einer Kandidatur aufzunehmen. Schon im November könnte es ernst werden.
Wettkämpfe in der ganzen Schweiz
Die Euphorie bei den Olympia-Promotoren ist gross – die Skepsis aus dem linken politischen Lager allerdings ebenfalls. Zwar werden die nachhaltigsten Spiele der Geschichte versprochen. Statt nur in einem Kanton sollen sie verteilt auf Sportstätten in der ganzen Schweiz stattfinden, so die Idee. Man müsste also kaum neue Anlagen bauen.
Doch Grüne- und SP-Politiker zweifeln an diesen vollmundigen Versprechen. «Bis jetzt wurden noch alle Olympischen Spiele viel teurer und gigantischer, als ursprünglich geplant», gibt Brigitte Wolf (56) zu bedenken. Die ehemalige Spitzensportlerin ist Präsidentin der Grünen Wallis und half 2018 mit, Olympische Spiele im Wallis zu verhindern.
«Es gab noch keine Spiele, die sich wirtschaftlich lohnten»
Dass man die Spiele nun in der gesamten Schweiz austragen will, sei sicher ein Pluspunkt. Doch sie habe noch immer grosse Fragezeichen – besonders in Sachen Nachhaltigkeit. «Am Schluss ist es dann doch immer das Internationale Olympische Komitee (IOC), das bestimmt. Wenn den Verantwortlichen eine Sportstätte nicht passt, muss man eine neue bauen», sagt Wolf. Zudem fürchtet sie, dass der dezentrale Ansatz dazu führen würde, dass Athleten und Funktionäre im Helikopter durch die Schweiz geflogen würden.
Skeptisch ist auch der Bündner SP-Nationalrat Jon Pult (38). Nachhaltigkeit bedeute auch wirtschaftliche Nachhaltigkeit, sagt er. «Und es gab noch nie Olympische Spiele, die sich wirtschaftlich und finanziell für den Austragungsort gelohnt hätten – das zeigt die gesamte einschlägige Forschung.» Das lokale Gewerbe profitiere kaum.
Schweiz soll abstimmen
Das Hauptproblem ist aus seiner Sicht, dass Kosten und Verluste eines solchen Megaevents Bund und Kantone tragen müssten – also die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Den Gewinn streichen hingegen die Sportverbände ein. «Wenn die Spielregeln des IOC so bleiben, wie sie heute sind, kann die Schweiz gar nicht gewinnen», bilanziert Pult, der schon mehrfach gegen eine Bündner Olympia-Kandidatur kämpfte.
Was für die linken Kritiker feststeht: Auch dieses Mal muss die Stimmbevölkerung das letzte Wort haben. «Wenn es auf eine nationale Kandidatur hinausläuft, muss die Abstimmung auch auf nationaler Ebene erfolgen», sagt Grünen-Nationalrat Bastien Girod (42). Der Zürcher sähe Olympische Spiele für die Schweiz auch als Chance. Doch nur, wenn man das mit der Nachhaltigkeit wirklich ernst nehme. Und das IOC bereit sei, auf den Gigantismus von früher zu verzichten.