Liefert Frankreich den Strom wirklich?
Neuer Vertrag über AKW-Strom wirft Fragen auf

Die Strommangellage wird uns auch im kommenden Winter beschäftigen. Ein neuer Vertrag mit Frankreich soll nun mehr Versorgungssicherheit schaffen. Doch es gibt noch Fragezeichen.
Publiziert: 18.07.2023 um 17:05 Uhr
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Die Axpo und fünf weitere Stromkonzerne haben einen neuen Vertrag mit dem französischen Energieversorger EDF abgeschlossen.
Foto: keystone-sda.ch

Es ist Hochsommer. Und bei Temperaturen jenseits von 30 Grad in der Badi denkt wohl kaum einer übers Heizen im kommenden Winter nach. Doch der Krieg in der Ukraine hält an und der Ausbau der erneuerbaren Energien kommt nur schleppend voran. Es ist also durchaus sinnvoll, dass sich die Stromversorger bereits jetzt Gedanken über den Winter machen.

Nun haben verschiedene Energieunternehmen einen Vertrag mit Frankreich abgeschlossen. Es ist jedoch fraglich, ob das Land den vereinbarten Strom auch wirklich liefern kann, wie SRF berichtet.

Strom für 350'000 Haushalte

Sechs Schweizer Stromunternehmen unterzeichnen einen Vertrag über 15 Jahre mit dem französischen Stromversorger EDF. Die Axpo, Repower, Groupe E, Primeo Energie, die St. Gallisch-Appenzellischen Kraftwerke und SN Energie wollen mit dem Abkommen die Versorgungssicherheit im Winter sicherstellen.

Laut Vertrag können die sechs Stromanbieter jährlich 1500 Gigawattstunden Strom aus Frankreich beziehen – das reicht für 350'000 Haushalte.

Lange war jedoch unklar, ob man den Vertrag mit Frankreich überhaupt verlängern soll. Noch vor wenigen Jahren hat man einen ähnlichen Vertrag nicht verlängert. Damals war man überzeugt, günstiger zu fahren, wenn man sich den Strom auf dem freien europäischen Markt besorgt.

Strommangel und Ukraine-Konflikt

Doch der Konflikt in der Ukraine hat alles verändert. Plötzlich ist Strom in Europa ein rares Gut und das Spekulieren auf günstigere Preise wurde zum gefährlichen Poker. Nun steht die Versorgungssicherheit im Vordergrund – günstige Preise sind nur noch Nebensache.

Doch auch das neue Abkommen hat seine Tücken. Vergangenes Jahr hat Frankreich nämlich so wenig Strom produziert, wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Grund dafür sind die oft in die Jahre gekommenen Atomkraftwerke. Viele von ihnen mussten unplanmässig und oft für längere Zeit vom Netz genommen werden.

Planungssicherheit mit Fragezeichen

Noël Graber, Mediensprecher der Axpo, gibt Entwarnung. «Unabhängig von der Verfügbarkeit einzelner Kraftwerke», habe das EDF die Verträge mit der Schweiz in den vergangenen Jahren stets eingehalten. Der Vertrag sorgt laut Graber für Sicherheit und Planbarkeit für die Energieunternehmen.

Sollte sich jedoch die Pannenserie in französischen AKW fortsetzen und Frankreich eines Tages selbst zu wenig Strom produzieren, könnte es dennoch eng werden für die Schweizer Abnehmer. Absolute Versorgungssicherheit bietet also auch dieser Vertrag nicht. (shq)

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