Statt Gourmets bekocht sie jetzt Senioren
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Gastro-Lehrlinge im Lockdown:Statt Gourmets bekocht sie jetzt Senioren

Lehrtochter Francesca Bruderer (18) darf trotz Lockdown weiterarbeiten
Statt Gourmets bekocht sie jetzt Senioren

Durch den vom Bund beschlossenen Gastro-Lockdown mussten viele Küchen ihre Türen verriegeln. Doch was passiert mit den Lernenden? BLICK besucht die Lehrtochter Francesca Bruderer an ihrem neuen Arbeitsplatz.
Publiziert: 22.01.2021 um 01:23 Uhr
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Aktualisiert: 22.01.2021 um 11:04 Uhr
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Vor dem Gastro-Lockdown hat die angehende Köchin Francesca ihre Lehre im Casino Bern absolviert.
Foto: Thomas Meier
Noa Dibbasey

Die Restaurants sind geschlossen. Sie können keine Gäste mehr bekochen. Keine Getränke mehr servieren. Viele Köchinnen und Kellner müssen zu Hause bleiben. Doch was ist mit den Lernenden in den Gastro-Betrieben? Erhalten sie wegen des Corona-Lockdowns während Monaten keine praktische Ausbildung mehr? Doch. Die Gastro-Branche unterstützt die Jugendlichen mit kreativen Lösungen.

Im Kanton Bern absolvieren etwa 450 Jugendliche eine Lehre in einer Küche, in anderen Bereichen des Restaurants oder in einem Hotel. Mehr als die Hälfte davon ist nicht vom Gastro-Lockdown betroffen – denn die Lernenden arbeiten entweder in Hotels in Skiregionen, in Küchen von Heimen oder Spitälern, die nach wie vor offen sind.

«Im Restaurant war ich nur ganz zu Beginn meiner Lehre»

Andere treffen die Schliessungen aber härter. So wie Francesca Bruderer. Kurz vor dem Lockdown besucht BLICK die 18-Jährige, die ihre Lehre als Köchin diesen Sommer im Casino Bern begonnen hat.

Zu Beginn ihrer Lehre schien die Corona-Krise mehr oder weniger überstanden. Spätestens im November war klar: ein Irrtum. Bruderer musste für zwei Wochen in Kurzarbeit.

«Im Restaurant konnte ich nur ganz zu Beginn meiner Lehre arbeiten», erzählt sie. Dann sei sie aufgrund ausbleibender Kundschaft in die Produktionsküche versetzt worden, wo sie Essen für das Casino-Personal zubereiten konnte. Daneben sorgten ihre Verantwortlichen dafür, dass sie mit Ausflügen auf Bauernhöfe und in Metzgereien weiter dazulernen konnte. Irgendwann war die Arbeit aber so knapp, dass sie daheim bleiben musste.

Andere hatten weniger Glück

Die Angst vor Lücken in der Ausbildung hat sie aber nicht geplagt. «Meine Vorgesetzten versicherten mir, dass sie eine Lösung für mich finden», sagt Bruderer. Und tatsächlich: Kurz nach Weihnachten konnte sie an einen anderen Betrieb vermittelt werden. Sie darf nun in der Altersinstitution Burgerspittel in Bern mitkochen. Dieses gehört wie das Casino der Burgergemeinde Bern – der Wechsel klappte perfekt.

Francesca Bruderer gefällt die Arbeit in der Küche des Seniorenheims gut. Nur mit dem frühen Aufstehen hatte sie anfangs Mühe. Im Burgerspittel muss sie schon um 7 Uhr am Herd stehen, im Casino war der Arbeitsbeginn erst um 9 Uhr. Dort hatte sie Zimmerstunde und musste am Abend dafür länger arbeiten. Jetzt hat sie um 16 Uhr Feierabend. Die Arbeit im Heim komme ihr auch entgegen, weil sie später noch eine Zusatzausbildung als Diät-Köchin machen wolle, erzählt die Auszubildende. Jetzt erhalte sie schon einen Einblick, wie die Arbeit in Spital- oder Heimküchen so sei.

Auf der anderen Seite, sagt ihr Chef Beat Weibel (56), sei es für Lernende wichtig, dass sie nach ihrer Ausbildung in Spital- oder Heimküchen auch Erfahrungen in einem A-la-carte-Re­s­tau­rant sammeln. «Hat jemand ein, zwei Jahre lang in einem solchen Restaurant gekocht, weiss ich, dass er stressresistent ist», sagt Weibel, der einst die Schweizer Kochnationalmannschaft zum Weltmeistertitel führte.

Kanton Bern eilt zur Hilfe

Doch nicht alle haben so viel Glück wie Francesca Bruderer. «Bei vielen meiner Mitschüler war ein solcher Wechsel nicht möglich», erzählt sie. «Viele Betriebe haben keine Partnerunternehmen wie das Casino», erläutert auch der Geschäftsführer von Hotel & Gastro Formation Bern, Matthias Achtnich (58). «Sie bleiben einfach geschlossen und die Lernenden ohne Arbeit.»

Damit aber auch diese Auszubildende nicht zu kurz kommen, bietet Hotel & Gastro Formation Bern zusammen mit dem Kanton Bern seit kurzem ein Spezialprogramm für Jugendliche an, die in keinem Betrieb unterkommen konnten. Im Berner Novotel werden sie von Gastro-Fachpersonen, die sich zurzeit ebenfalls in Kurzarbeit befinden, für ihre praktischen Prüfungen vorbereitet. Das Projekt wird vom Bund zu 80 Prozent finanziert und ist freiwillig – bis jetzt haben sich bereits 130 Lernende mit zwei- oder dreijähriger Ausbildung im Bereich Küche, Restaurant und Hotelfach angemeldet.

Im Kanton Bern erhalten Lehrende der Lernenden der Hotellerie- und Gastrobranche die Chance, weiterhin praktische Erfahrung zu sammeln. «Auch andere Kantone sind daran, solche Programme auszuarbeiten», sagt Achtnich zufrieden.

Lernende ist dankbar für die Erfahrung

Francesca Bruderer weiss, dass sie mit der Betriebswechsel-Lösung besonders Glück gehabt hat. Für sie hat sich die Ausbildung während der Corona-Zeit gar als besonders lehrreich herausgestellt – auch wenn sie sagt, dass es mit einer Maske in der Küche schon sehr heiss werden könne. Ihr Fazit bleibt trotzdem positiv: «Ich bin unglaublich dankbar für die Möglichkeit, für eine Zeit in einen anderen Betrieb gucken zu können.»

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