An den Schulen im Kanton Aargau gilt ab Mittwoch wieder Maskenpflicht. Der Regierungsrat verschärft die Corona-Massnahmen für die Lehrpersonen sowie die Schüler ab der 5. Klasse, nachdem die Zahl der Covid-Fälle an Schulen nach den Sommerferien in die Höhe geschnellt ist.
Zahlreiche Eltern sind froh über diesen Entscheid – und wünschten sich, auch andere Kantone würden handeln. Unter dem Hashtag «#ProtectTheKids» («Schützt die Kinder») fordern besorgte Mütter und Väter schon lange strengere Massnahmen an Schulen, um Kinder vor einer Corona-Infektion zu schützen. Unter 12-Jährige können sich noch nicht impfen lassen. Auch wenn Kinder meistens nur leicht erkranken, gibt es auch bei ihnen Fälle von Long-Covid.
Auch Bundesrat würde mehr erwarten
«Ist es ethisch vertretbar, dass man das Virus auf Kinder loslässt? Wenn wir jetzt nicht sofort handeln, werden in einigen Monaten alle Kinder das Virus gehabt haben», sagte der zweifache Vater Jonas Hostettler (43) aus Winterthur vergangene Woche in der «Publikums-Arena» von SRF an die Adresse von Bundesrat Alain Berset (49) gerichtet.
Der Gesundheitsminister zeigte Verständnis für die Sorgen von Hostettler und einer Mutter, die sich ebenfalls öffentlich für mehr Schutzmassnahmen einsetzte. Und machte klar, dass auch er findet, man müsse mehr tun. Berset betonte aber auch: Die Schule ist Sache der Kantone. Es ist an ihnen, Massnahmen wie Massentests, Maskenpflicht oder den Einsatz von CO2-Messgeräten an Schulen durchzusetzen.
Viele Kantone schieben die Verantwortung an die Gemeinden weiter. Und diese an die Schulen selbst. Eltern kritisieren den föderalen Flickenteppich – und dass sie im Stich gelassen würden.
Oberste Bildungsdirektorin will sich nicht äussern
Blick hätte gerne mit der obersten Bildungsdirektorin der Schweiz gesprochen. Was sagt sie zum Vorwurf, dass die Kantone zu wenig zum Schutz der Schülerinnen und Schüler tun, wie das gewisse Eltern – und durch die Blume auch der Bundesrat – kritisieren? Doch Silvia Steiner (63), Zürcher Bildungsdirektorin und Präsidentin der Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK), will Fragen weder mündlich noch schriftlich beantworten. Da die Schutz- und Testkonzepte Sache der einzelnen Kantone seien und es keine schweizweiten Empfehlungen seitens der EDK gebe, könne man sich nicht dazu äussern, heisst es.
Support bekommen die besorgten Eltern derweil von den Lehrerinnen und Lehrern. Auch sie sind der Meinung: Verstärkte Schutzmassnahmen sind nötig. Und vor allem: eine bessere Koordination zwischen den Kantonen.
«Es braucht deutlich mehr Schutzmassnahmen»
«Abgesehen von einigen Kantonen und Gemeinden, die vorbildlich handeln, braucht es deutlich mehr Schutzmassnahmen an den Schulen», sagt Franziska Peterhans, Zentralsekretärin des LCH. Man bedaure sehr, dass es die Kantone nicht hinbekommen, sich besser zu koordinieren.
«Vor einem Jahr hatten wir noch ein gewisses Verständnis. Dass man es aber bis heute nicht hinkriegt, gewisse Eckpunkte miteinander zu vereinbaren, ist ein Armutszeugnis», sagt Peterhans. «Gerade für die Jüngsten, die sich noch nicht impfen lassen können, wären gewisse Rahmenbedingungen, die überall gelten, wichtig.»
Der Bundesrat drängte die Kantone schon vor Wochen dazu, an Schulen konsequent Massentests durchzuführen. EDK-Präsidentin Steiner reagierte düpiert über den bundesrätlichen Einmischungsversuch in kantonale Angelegenheiten. Unter anderem ihr Kanton weigert sich, die Schulen zum repetitiven Testen zu verpflichten.
Franziska Peterhans vom Schweizer Lehrerverband ist ernüchtert. «Für uns war es eine einfachere Situation, als noch der Bund zuständig war und Notrecht galt.»